Erdbeben, Sturm und Optimismus: Mediterrane Wochenschau XXXIV

Hier kommt der einzige Newsletter, der sein gesamtes kulinarisches Leben mit zwei Pizzabelägen gestalten kann! (Prosciutto oder Diavola, alles andere ist doch schlecht getarnter Salat.)

Sonntag, 3. Januar

Leute, was für ein Wetter. Drei Tage Regen – deswegen bin ich nicht in den Süden gezogen. Ich hätte gern den Manager gesprochen!

Die Wolke sieht nicht so aus, als wolle sie nur spielen.

Aber wir können ja sowieso nirgends hin und sind auf den Binnenmarkt angewiesen. Daher ein großes Dankeschön an zwei – nein, drei! – Läden, die für mein tägliches Fortbestehen sorgen. Als erstes ist es das »Dolce Isola«, eine neue Konditorei bei der Hauptpost, die tapfer auch während der Feiertage offen hat und Coffee To Go anbietet – sehr unitalienisch, ich weiß, aber wenn man nun mal nicht am Tresen stehen und in der Gazzetta dello Sport schmökern kann, dann muss man nehmen, was man kriegen kann. Und der Kaffee ist wirklich eine Wucht.

Das »L’Ingordo«, etwas versteckt nicht weit vom Haupteingang des Strandes gelegen, hat am Abend geöffnet und bietet eine volle Karte an – natürlich alles zum Mitnehmen. Berühmt ist Besitzer und Chefkoch Max für seine reichbelegten Panini. Fakt für Kenner: Er war einst der Gründer des Restaurants »Il Panino«, das deswegen auch heute noch so heißt.

Gestern gab es allerdings keine belegten Brote, sondern Pizza, geliefert von »La Darsena« (dem Restaurant direkt am Ende des Damms, wenn ihr von Aquileia kommt) wo Vincenzo als anerkannt bester pizzaiolo der Insel arbeitet. 

Hier kommt ein Geständnis, denn wir sind ja unter uns: Ich bin kein besonders großer Pizza-Fan. Ich esse sie nicht ungern, aber irgendwie ist sie für mich keine volle Mahlzeit. Wann immer ich eine Pizzeria betrete, schaue ich mir an, was es sonst so gibt, und bestelle dann meistens eine Pasta. Ja, ich weiß, letztlich ist es nur Teig in einer anderen Form. Aber irgendwie ist mir eine Pasta näher. Was dazu führt, dass ich tatsächlich in einem ganzen Jahr in Italien höchstens zwei- oder dreimal eine Pizza bestelle. Und auch nur aus schlechtem Gewissen, sonst schaut Vincenzo immer so böse hinter seinem Ofen hervor.

Montag, 4. Januar

So, jetzt wisst ihr über die pulsierende kulinarische Szene Grados im Januar 2021 Bescheid. Der Lockdown trifft uns nicht sonderlich hart, denn der Januar und der Februar sind ja ohnehin traditionelle Ruhemonate. Ab dem März fährt die Insel dann wieder hoch (hoffen wir zumindest – aber dafür sorgen wir schon gemeinsam, nicht wahr?) Ihr wisst ja: Alles über die aktuelle Situation steht hier und wird ständig aktualisiert. Das Entscheidende für alle Reisenden wird wohl sein, dass die Quarantänepflicht möglichst bald aufgehoben wird.

Dienstag, 5. Januar

Meine gute Freundin Patrizia Burra, eine fabelhafte Fotografin, die links und rechts Preise gewinnt, hat mich schön düster mit meinem Tabarro fotografiert. Macht euch das Angst, oder sollte das Bild unbedingt als Autorenportrait in eines meiner nächsten Venedig-Bücher?

Holen Großmütter die Wäsche von der Leine und Mütter die Kinder von der Straße?

Donnerstag, 7. Januar

Als Kind in der norddeutschen Tiefebene, aufgewachsen zwischen absolut bewegungslosen Spargelfeldern, habe ich es mir immer sehr aufregend vorgestellt, mal ein echtes Erdbeben zu erleben. Nachdem es gestern Abend den fünften Erdstoß in den letzten acht Tagen gegeben hat, muss ich nun sagen: Jetzt ist aber auch mal gut. Die schweren Erdbeben rund um Zagreb sind nämlich bis hier in Grado spürbar. Zwar schwanken nur leicht die Lampen, aber das ist ja schon merkwürdig genug. Zur Beruhigung und wie schon mehrfach geschrieben: Grado selbst ist, weil auf Sand gebaut, einer der erdbebensichersten Orte überhaupt. Fast so wie die Spargelfelder rund um Braunschweig.

Freitag, 8. Januar

Sehr schön, jetzt habe ich seit dem ersten Januar auf Alkohol verzichtet und sage und schreibe hundert Gramm abgenommen. Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich denke, es wird Zeit, dass die Fitnessstudios wieder öffnen. Das ist eben auch der Nachteil des Südens: Mit der Pflege der Strandfigur kann man gar nicht früh genug anfangen – denn hier geht die Saison ja schon im Mai los.

Gestern entdeckt und völlig zusammenhanglos: Alles ist so schön farblich aufeinander abgestimmt!

Und eine letzte Bitte: Daumen drücken. Denn heute Abend entscheidet sich, ob das Friaul ab Montag zur gelben Zone wird, ob also das Leben so langsam wieder in die Normalität zurückgleitet.

Habt alle eine wunderbare Woche! Die nächste Mediterrane Wochenschau erscheint am 15. Januar.

Alles, was ich sonst so schreibe, habe ich hier zusammengefasst.

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