Ein Gerichtsmediziner, ein Zirkusdirektor und zwei Profitaucher: Mediterrane Wochenschau XXXVIII

Hier kommt der einzige Newsletter, der am Abend vor dem Fernseher problemlos eine ganze Tafel Schokolade verdrückt, ohne es zu merken!

Montag, 1. Februar

Ach, wie ist das schön! Hinfort mit den albernen Kapseln, dem bitteren Küchenkaffee, der unpraktischen Mokka-Maschine, die ohnehin nur als stolzes Symbol für italienisches Design in den Haushalten des Landes überlebt: Die Cafés und Bars sind wieder geöffnet, und ich habe sofort meinen Stammplatz in der Bar Marina Fiorita bezogen, in der ihr mich jeden Morgen findet.

Milan, Inter, Juve oder Roma? Die Serie A ist dieses Jahr endlich wieder spannend!

Auch viele Museen öffnen wieder, darunter das Museo di Miramare in Triest und das Archäologische Museum in Aquileia, in dem zwar immer noch munter renoviert wird, das aber dennoch einen Besuch wert ist. Der Garten des Museums mit seinen vielen römischen Relikten sieht aus wie Indiana Jones‘ Rumpelkammer.

Dienstag, 2. Februar

Das ufficio anagrafe hat heute eine Liste der Berufe aller Gradeser herausgegeben, und ich habe die interessantesten Zahlen herausgepickt. Unter den 8000 Einwohnern finden sich folgende Tätigkeiten:
816 Hausfrauen, 2 Hausmänner
103 Fischer 
176 Kellnerinnen, 52 Kellner
15 Köchinnen, 94 Köche
27 Hilfsköche
10 Küchenhilfen
7 Tellerwäscher
21 Pizzabäcker
7 Hotelportiers 
88 Barmänner und Frauen
10 Restaurantbesitzerinnen, 10 Restaurantbesitzer
16 Hotelbesitzerinnen, 19 Hotelbesitzer (Es gibt noch mehr Restaurant- und Hotelbesitzer, aber sie haben vermutlich »libero professionista« angegeben – »selbständig«)
27 Bagnini und davon nur 3 Frauen – Baywatch hat uns immer belogen! Und warum überhaupt so wenige Bagnini? Viele kommen nur für den Sommer nach Grado und haben ihren Wohnsitz außerhalb
36 Friseure
59 Handwerker
39 Ärzte (warum so viele? Viele Ärzte, die in den umliegenden Orten praktizieren oder in den Krankenhäusern arbeiten, haben in Grado ihren Hauptwohnsitz)
22 Anwälte (siehe die Anmerkung zu den Ärzten)
51 Kurierfahrer
3 LKW-Fahrer
80 Landwirte (der Ort Fossalon, bekannt vor allem für seinen Spargel, gehört noch zur Gemeinde Grado)
1 Künstler
1 Zirkusdirektor (mein Kumpel Giorgio!)
1 Maskenmacher
1 Antiquar
1 Önologe
1 Tätowierer (das ist mit Sicherheit Alex de Pase, der in ganz Italien berühmt ist)
2 Designer
1 Gerichtsmediziner (den würde ich ja gern mal kennenlernen)
5 Musiker
2 Profitaucher
1 Fußballprofi
1 Leichtathlet
1 Zukunftsforscher

Mittwoch, 3. Februar

Noch mal zu meinem neuen Buch, weil mich ein paar Fragen erreichten: Ja, es wird auch als Hörbuch erscheinen, passend zur Fahrt gen Süden!

Eigentlich sollte ich selbst es einlesen, doch dann kam der Lockdown dazwischen, und Audible organisierte einen professionellen Sprecher. Dem Hörgenuss wird es sicher nicht schaden. Bange Frage des Autors (ich habe das Hörbuch selbst noch nicht gehört): Ob der Profi alle italienischen Begriffe richtig ausspricht? Nicht, dass dann was von Tschianti und Pino Kritscho vorkommt!

Ihr könnt es euch schon auf die Wunschliste setzen oder vorbestellen.

Donnerstag, 4. Februar

Ihr wollt Sonnenuntergänge, bevor wir uns der schmutzigen Politik widmen? Ihr sollt Sonnenuntergänge bekommen!

Wohnzimmerblick.
Schlafzimmerblick.

Also: Mario Draghi. Wer hätte das gedacht? Die Stimmung im Land ist gut, er scheint die beste Wahl. Tatsächlich ist die Sympathie, die ihm entgegenschlägt, fast schon zu groß, auch das Ausland und die Börsen jubilieren – vielleicht lässt man ihn in Rom gerade deswegen über die Klinge springen, denn welcher ehrgeizige Politiker will schon im Schatten einer übermächtigen Figur stehen? Das werden die nächsten Tage zeigen.

»Italien erwacht aus dem Corona-Koma«, freut sich Bild. Und heute wurde offiziell verkündet, dass die Skipisten am 15. Februar wieder öffnen dürfen. Alle aktuellen Entwicklungen lest ihr hier.

Freitag, 5. Februar

Jetzt geht es los mit dem Wahlkampf in Grado! Denn Roberto Marin, der schon zwei Amtszeiten lang Bürgermeister war, hat offiziell seine Kandidatur erklärt. Damit treten die selben drei Kandidaten wie schon vor fünf Jahren an (auch wenn Nummer drei, Claudio Kovatsch, seine erneute Kandidatur noch offiziell erklären muss). Damals haben eine Handvoll Stimmen über den Wahlausgang entschieden, und in diesem Jahr wird es nicht anders sein.

Zur Übersicht: Der aktuelle Bürgermeister heißt Dario Raugna. In Krisenzeiten neigt der Wähler traditionell zum Status Quo. Deswegen sind ja auch Kriege so ein beliebtes Mittel, um die Herrschaft zu festigen. Die Politikwissenschaft hat für diese Status-Quo-Präferenz in schweren Zeiten einen Begriff, aber der fällt mir gerade nicht ein. Nun wird Grado nicht in den nächsten Tagen Aquileia den Krieg erklären, aber man darf Raugna getrost als Favoriten bezeichnen, denn in der Corona-Krise hat er zumindest keine gravierenden Fehler gemacht, und viel mehr kann man von Politikern heutzutage ja nicht erwarten.

Herausforderer Roberto Marin gilt auch bei Kritikern als fähigster Politiker unter den Kandidaten. Er findet sich in dem Dschungel aus Gesetzen, Vorschriften und Verordnungen zweifelsfrei am besten zurecht. Er ist allerdings jemand, der arg polarisiert. Und vor allem ist Kandidat Nummer drei ein Problem für Kandidat Nummer zwei, wie der Wahlausgang vor fünf Jahren gezeigt hat: Raugna bekam 1271 Stimmen, Kovatsch 1202, Marin 1192 – ein sauknapper Ausgang; ohne Kovatsch hätte Marin wohl gewonnen (und umgekehrt). Und wenn die Opposition so hübsch in zwei Hälften gespalten ist, dann freut sich der Amtsinhaber.

All das dürfte für einen munteren Wahlkampf sorgen, über den ihr hier alles lesen werdet.

Die nächste Mediterrane Wochenschau erscheint pünktlich am 12. Februar, bis dahin euch allen eine sonnige Woche!

Und weil der Urlaub näher rückt: 33 verführerische Tipps zu Grado stehen hier und werden ständig aktualisiert.

Zur vorigen Wochenschau mit dem geheimnisvollsten Zebrastreifen in Grado? Hier entlang.

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