Hier kommt der einzige Newsletter, der mit der ganzen Insel etwas durchatmet. Denn schon am Sonntag waren heftige Regenfälle angekündigt, die nicht kamen, es war ein heißer Traumtag – über diesen Vorhersagefehler waren manche Gradeser stocksauer; so beschwerte sich ein Bootsvermieter, dass er deswegen kein einziges Boot vermieten konnte. Am Montag regnete es dann aber mehrere Stunden lang, und wohl niemand hatte etwas dagegen. Selbst die Touristen freuten sich über Temperaturen, die von 38 auf 28 Grad absackten.
Montag, 19. August
Denn zuvor war ordentlich was los gewesen: Zum Ferragosto-Feuerwerk sollen 80.000 Menschen im Ort gewesen sein. Zehn Touristen auf einen Einwohner – venezianische Verhältnisse!
Auf Lesungen werde ich oft gefragt, was die Gradeser eigentlich von den Touristen halten. Naja, klar, in der Hochsaison ist alles schon manchmal anstrengend, und Gesprächsthemen sind unter anderem die Touristen, die in Badehose oder Bikini im Supermarkt einkaufen, die ihr Fahrrad quer durch die Buchhandlung schieben oder die Pizza im Park essen und den Müll liegenlassen. (Und von dem Gast, der wegen 90 Cent einen Aufstand angezettelt und die Presse informiert hat, erzähle ich euch nächste Woche.) Aber insgesamt wissen Gradeser schon, was sie an den Touristen haben. Und wenn alles zu viel wird, wissen sie auch, dass es bald wieder ruhig wird. Dieser Rhythmus von Haupt- und Nebensaison hat was für sich, und das macht das Leben etwa in Venedig so schwierig – dort ist jeden Tag Party bis zum Anschlag.
Dienstag, 20. August
Reden wir über die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Scarpetta ja oder nein – ist also das Aufstippen oder Auftunken (setzt bitte hier euer Lieblingsdialektwort ein) des Nudel-Sugos mit einem Stück Brot statthaft oder nicht?

Eine Umfrage von mir auf Instagram ergab hundertprozentige Zustimmung der Sitte, denn der Sugo, schrieb eine Leserin, sei doch fast immer das Beste am Essen. Doch Etikettebücher finden das gar nicht gut. »Bei formellen Anlässen ist das absolut ungehörig«, erklärt Benimmexpertin Shubha Marta Rabolli. Wenn man sich gar nicht beherrschen könne, dann möge man das Stück Brot wenigstens auf eine Gabel spießen. Na, das ist ja fast noch seltsamer als mit der Hand. Und dass ich aufs Stippen (so heißt es bei uns in Norddeutschland) verzichten würde, wenn ich beim Gala-Empfang neben dem Bundespräsidenten säße, versteht sich ja von selbst, ob der nun Steinmeier oder Van der Bellen heißt. Oder »VdB«, wie Insider sagen – und ich nenne ihn ab jetzt auch so, denn wer will kein Insider sein?
Mittwoch, 21. August
Wir wünschen der Badenden aus Fiumicello gute Besserung, die auf der Höhe des Campingplatzes Al Bosco vom Steg gefallen ist und sich dabei den Oberschenkel brach. Die Rettung war extrem kompliziert, denn das Ende des Stegs ist mehr als 200 Meter vom Ufer entfernt, und die Retter mussten mit Trage und Dame ewig durch den Schlick waten.
Und gerade als die Retter mit der Rettung beschäftigt waren, geschah etwas äußerst Rätselhaftes. Eine Smartwatch schlug Alarm: Dem Halter sei in Pineta etwas Schlimmes passiert, der Herzschlag habe ausgesetzt. Dreimal gelang die genaue Ortung, dreimal rückten Helfer aus, auch ein Helikopter wurde angefordert, doch weder eine Uhr noch ein Mensch in Not wurden gefunden – glücklicherweise. Aber merkwürdig war das Ganze schon. Hat sich jemand einen makabren Scherz erlaubt? Oder (entschuldigt, es ist die Fantasie des Autors) hat sich ein schweres Verbrechen ereignet, dessen Spuren von den Bösewichten gerade noch verwischt werden konnten, bevor die Polizei eintraf?
Donnerstag, 22. August
Was für ein tolles Bücherregal, ruhend auf viel Rotwein. Wunderbar, Dietmar S.!

In Liebhaberkreisen spricht man bei abfotografierten Bücherregalen von »Shelfies«. Zeigt mal her, was ihr so habt.
Und das ist die Kollektion von Wolfgang S. – auch dir vielen Dank für die Unterstützung.

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Gerade ist ein sehr schöner Lesetermin hinzugekommen. Die Kleine Zeitung, für die ich ja seit ein paar Monaten eine sonntägliche Grado-Kolumne schreibe, feiert ihren 120. Geburtstag, unter anderem mit einem »Open House Day«. Am 14. September bin ich in Klagenfurt in den Redaktionsräumen und lese & plaudere von 13.30 bis 14.15 Uhr. Kommt vorbei und lernt die ganze Redaktion kennen. Ich freue mich auch schon auf die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich bislang nur per Mail zu tun hatte.
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Ich wünsche euch allen ein wunderbares Wochenende.
Zähe Rückfahrt aus dem Urlaub? Mit den Hörbüchern Das Italien-Prinzip, Meine Bar in Italien und Die Spaghetti-vongole Tagebücher löst sich der Stau fast von selbst auf.
Meine Bücherseite habe ich (einigermaßen) aktualisiert, schaut doch mal vorbei.
Die Mediterrane Wochenschau von letzter Woche mit dem geretteten Fußballverein lest ihr hier.
Die Mediterrane Wochenschau von vorletzter Woche mit dem Phantom-Fest lest ihr hier.
Auf Instagram findet ihr mich unter @buch_und_wein. In der Story poste ich jeden Tag eine Kleinigkeit aus Grado (oder von dort, wo ich gerade unterwegs bin).
Zurück zur Startseite mit allen Wochenschauen? Hier entlang.
Die nächsten Lesetermine
14. September: Klagenfurt, Open House Day, Kleine Zeitung
19. September: Westerwälder Literaturtage, Birkenhof-Brennerei, Nistertal
20. September: Bremen, Buchhandlung Lesumer Lesezeit
21. September: Osnabrück, Altstädter Bücherstuben
27. September: Klagenfurt, Buchhandlung Heyn – mit kulinarischer Begleitung
[…] kommt der einzige Newsletter, der das Aufstippen für gesellschaftsfähig erklärt – bislang hat sich jedenfalls in unserer gebildeten, italophilen famiglia noch keine Gegenstimme […]
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