Hier kommt der einzige Newsletter, der beim Bürgermeister eine Zwiebel schnorren musste! Es war unfassbar peinlich. Meine Frau und Töchter waren nach Tromsø zu den Polarlichtern gereist – ein langjähriger Wunsch von ihnen –, und ich hatte drei Tage himmlische Ruhe. Und natürlich wollte ich mir, als Norddeutscher im nudeligen Exil, eine schöne Fuhre Bratkartoffeln machen. Ich trug bereits Pyjama und bereitete alles in der Küche vor. Und dann, oh Schreck: keine Zwiebel, nirgends! Es war schon dunkel, der Tante-Emma-Laden schräg gegenüber hatte geschlossen.
Also warf ich mir eine Jacke über den Pyjama, bereit, zum zwei Kilometer entfernten Eurospar-Supermarkt zu fahren.
Und im Fahrstuhl traf ich meinen Nachbarn, den Bürgermeister. Und ich überlegte hin und her und hin und her – und dann fragte ich ihn, ob er… Er hatte.


Der Bürgermeister und ich, wir haben jetzt gewissermaßen ein »Bratkartoffelverhältnis« – das ist ein norddeutsches Wort, oder sagt man das auch in Österreich und Bayern? Weitere schöne Wörter gibt es im Mittwochsseintrag.
Montag, 3. März
Grados berühmteste Ruine wird endlich beackert. Am Castelletto (»Schlösschen«) an der Uferpromenade, nun in österreichischem Besitz, ist die Umhüllung ab, es wird derzeit fleißig entkernt, wie ich schon letzte Woche berichtet hatte.

Durchs Internet geistert der Entwurf eines Luxushotels mit 29 Suiten und Infinity Pool auf dem Dach, das rund um das Schlösschen (welches erhalten bleiben muss) gebaut wird.

Wenn wir aus der Möwenperspektive auf die gesamte Insel schauen, stellen wir fest: Grado dreht den Zeiger auf hochpreisig. Der fünfte Stern für das Savoy. Die luxuriösen Ferienapartments Laguna Faro Suites, entworfen von der spanischen Stararchitektin Patricia Urquiola. Das Hotel Adria, das nach zwanzig Jahren Leerstand Ende des Jahres kernsaniert wieder eröffnen soll und sicher auch nach vier Sternen plus schielt. Dazu äußerst ambitionierte Projekte wie die Eigentumswohnungen Royal Palace an der Promenade, ebenfalls in diesem Jahr übergabefertig.
Das kann man alles machen, keine Frage. Doch die Politik muss sich über die Konsequenzen klar werden, wenn es in die High-End-Richtung gehen soll. Denn so mancher Einheimische ist besorgt. Wie leistbar wird Grado für die Gradeser? Wie viele Fischerboote wird es in zwanzig Jahren noch geben? Wie viele Fischerboote gibt es noch im Hafen von Saint-Tropez? Und wie viele Einheimische leben noch dort, die sich all das leisten können?
Grado ist eine Insel und damit schon wegen der knappen, teuren Fläche ein Ziel für den etwas gehobeneren Tourismus an der Adria. Gehobener, das hieß bislang: Mittelschicht bis obere Mittelschicht. Aber bei manchen Hotelzimmerpreisen und bei Wohnungspreisen von 10.000 Euro pro Quadratmeter geht der Mittelschicht die Luft aus. Und den Gradesern erst recht.
Dienstag, 4. März
So, jetzt mal kurz drüber geschlafen. Zur Wahrheit gehört auch, dass in den letzten Jahren normale, leistbare Hotels eröffneten, etwa das Casa Bea, das Laura & Christian Guest House sowie die Doppelherberge Sunset und Sunrise. Es gibt noch genügend Hotels und Apartments, die für Familien zu bezahlen sind, auch die Campingplätze sind noch nicht von ultraexklusiven Großprojekten gefährdet.
Aber die plötzliche Ballung dieser Luxus-Vorhaben ist zumindest erstaunlich. Dennoch: Grado ist nach wie vor ein Urlaubsziel für viele. Auch wenn hier und da frische Marmortreppen, gewaltige getönte Fensterfassaden und neue Stahlträger im Sonnenlicht funkeln. Wir sollten die Entwicklung aber genau im Auge behalten. Pinos Stammtisch und ich, wir bleiben wach.
Mittwoch, 5. März
Zwei schöne Wörter, die mir in dieser Woche begegnet sind, eines aus dem Österreichischen, eines aus dem Italienischen: Finanzminister heißt in Österreich scherzhaft »Säckelwart«. Klasse und sehr anschaulich! Sollten wir auch im (Hoch-)Deutschen einführen. Und die höfliche Beschreibung für Gefängnis heißt im Italienischen »casa circondariale«, »umrundetes Haus«.
Donnerstag, 6. März
Neuigkeiten vom Abenteuerspielplatz Schreibtisch: Band 1 der »Porzellanmanufaktur«geht in die dritte Auflage, das freut mich sehr, danke euch allen! Die preiswerte Taschenbuchausgabe »Meine Bar in Italien« ist draußen, aber was wirklich abgeht, ist »Mein Leben am Strand«, das in drei Wochen erscheint – ich bin in Podcasts und Radiosendungen zu Gast, darunter beim ORF und bei Bayern 1.

Hier geht es zu einem Youtube-Interview, das die Autorin Laura Windmann mit mir geführt hat.
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Nächsten Freitag erzähle ich euch vom Radweg, der 3,6 Millionen Euro kosten soll. Aber jetzt wünsche ich euch allen ein wunderbares Wochenende!
Mehr Bilder aus Italien gibt es fast täglich auf Instagram (@buch_und_wein).
Zur letzten Wochenschau mit Pinos Geburtstag und dem bizarren Strandvorhaben geht es hier entlang.
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Die nächsten Lesungen
9. April: Zell am See, Buchhandlung Ellmauer, Infos & Reservierung: zell@ellmauer-buch.at
10. April: München, Buchhandlung Singer, Aperitivo & Geplauder im Garten, 16 Uhr
11. April: Klagenfurt, Buchhandlung Heyn
21. April (Ostermontag): Grado, Aperitivo mit dem Autor in der Enoteca Da Pino, 11 Uhr
9. Mai: Steyr, Galerie im Museum Arbeitswelt, 19 Uhr, Reservierung: info@hausarzt-steyr.at
13. Mai: Nürnberg, Deuerlein Wein Buch Caffè
14. Mai: Coburg, Buchhandlung Riemann
22. Mai: Sankt Veit, Buchhandlung Besold
23. & 24. Mai: Bad Radkersburg
26. Mai: Villach, Thalia

[…] Zur letzten Wochenschau mit dem umstrittenen Neubau direkt am Ufer geht es hier entlang. […]
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