Sensationelle Bilder: ein Sommer an der Adria vor 116 Jahren! Mit Grado, Aquileia und Istrien. Mediterrane Wochenschau CCLVI

Hier kommt der einzige Newsletter, der sein Glück nicht fassen kann: Eine Leserin aus Klagenfurt hat mir das Fotoalbum ihrer Urgroßeltern überlassen – über einen Grado-Urlaub im Jahr 1909! Auch Bilder von Ausflügen nach Aquileia, Portorose und Pirano sind dabei. Ganz herzlichen Dank, liebe Frau M., ich werde alles tun, was ich kann, damit diese einmaligen Dokumente in beste Hände kommen und vielleicht einmal Teil einer Ausstellung werden. Aber vorher brauche ich euer geballtes Wissen, liebe famiglia, denn bei einigen Fotos sind ein paar Fragen offen (besonders bei den Fotos 8, 27, 38, 39, 40, 45 und 46). Update: Dank einiger Leserinnen und Leser hat sich schon vieles geklärt.

Noch schnell vorab: Der neue Podcast ist draußen, habt ihr schon reingehört? Wir reden in der fünften Folge von »Radio Adria« über das Verhältnis von Touristen und Einheimischen, über Hunde und über das Luxusprojekt auf dem Lido di Venezia, und wir beantworten die Frage, wo ihr in Grado essen gehen könnt, wenn ihr nicht so gern Fisch mögt. 

Und: Die beliebte Schiffslinie Triest-Grado existiert seit gestern wieder! Mehr dazu nächste Woche – erst mal abwarten, ob das neue Schiff länger durchhält als der Vorgänger, der ja schon nach der dritten Ausfahrt in Seenot geriet.

Sonntag, 6. Juli

Und jetzt reisen wir gemeinsam in die Vergangenheit, nämlich ins Jahr 1909 – ein unbeschwerter Sommer in Grado vor 116 Jahren. Zurücklehnen und genießen! Und wer mehr zu dem einen oder anderen Bild weiß (ich habe sie durchnummeriert), bitte melden!

Foto 1: Grados Altstadt. Kinder spielen, Touristen schlendern. Die Fahnen und religiösen Tücher (»drapi«) könnten, wie Bruno S. vermutet, auf die Fronleichnamsfeiern oder sogar schon auf das Perdòn di Barbana am ersten Julisonntag hinweisen.
Foto 2: Altstadtszene.
Foto 3: Hotel Metropole.
Foto 4: Hafen mit Hotel- und Fischerbooten.
Foto 5: Das Gebäude mit Schornstein war die Fabrik für Thunfischkonserven, einst der größte Arbeitgeber der Insel. Die Fabrik hat es bis in die späten 1960er-Jahre gegeben.
Foto 6: Hafenbecken.
Foto 7: Hafenbecken.
Foto 8: Das alte Grand Hotel Fonzari (Danke an Johanna!).
Foto 9: Das Grand Hotel Lido.
Foto 10: Fortino Auchentaller. Wird im Vordergrund Wäsche getrocknet? Emma Auchentaller gründete 1908 eine Wäscherei, auch für ihr Hotel. (Dank an Leserin Ingrid.)
Patricia und Oliver aus Franken liefern die Erklärung für die Wäsche: »Es handelt sich hier höchstwahrscheinlich um eine Rasenbleiche. So wurden früher pflanzliche Naturgewebe und verschmutzte Wäsche wieder weiß gemacht – durch die Photosynthese der Pflanzen (Gras) unter den nassen Wäscheteilen (die man tage- bis wochenlang feucht hielt) entstehen u.a. Peroxide, die einen stark bleichenden Effekt auf die Wäsche haben. Also hat man quasi das Sonnenlicht und die Feuchtigkeit dazu benutzt, um wieder blitzblanke Wäsche zu erhalten.« 
Foto 11: Fortino Auchentaller, fotografiert von der Uferpromenade. Im Vordergrund: Wäsche? Hinweis von Leser Andreas: Die von Emma Auchentaller gegründete Wäscherei befand sich in der Nähe des Hafens. Erklärung zur Wäsche in Foto 10.
Foto 12: Der Hochwasserschutz war noch sehr optimistisch.
Foto 13: Die Piazza, auf der es heute viel Pizza gibt.
Foto 14: Altstadt.
Foto 15: Altstadt.
Foto 16: Strandleben in Grado im Juni 1909.
Foto 17: Die Ville Bianchi sind gerade ein paar Jahre alt.
Foto 18: Muschelsuche am Strand. Im Hintergrund der hölzerne Badesteg, der später noch ausgebaut wurde und inzwischen nicht mehr existiert.
Foto 19: Die Pavillons an Grados Strand.
Foto 20: Sittsame Kleidung auch im Sommer.
Foto 21: Die Ersteller des Albums sind bereit für Grados Sandkuren.
Foto 22: Die Kuren sollten gegen allerlei Zipperlein helfen, insbesondere Gelenkschmerzen.
Foto 23: Tief eingebuddelt im heißen Gradeser Sand. Beachtet die Hutablagen!
Foto 24: Die Lagune von Grado.
Foto 25: Ausflug nach Barbana.
Foto 26: Die Kirche des Inselklosters.
Foto 27: Das Casone der Familie Zerbin (danke, Bruno S.!)
Foto 28: Das selbe Casone, aus anderer Perspektive?
Foto 29: Ausflug nach Aquileia.
Foto 30: Aquileia, Hotel Poste.
Foto 31: Aquileia.
Foto 32: Aquileia, archäologisches Museum.
Foto 33: Aquileia, archäologisches Museum.
Foto 34: Aquileia, archäologisches Museum.
Foto 35: Aquileia.
Foto 36: Die Basilika von Aquileia. Die berühmten Bodenmosaike sind noch nicht freigelegt.
Foto 37: Nicht Aquileia, wie ursprünglich vermutet, sondern Cervignano. Danke an Bruno S. und Maurizio C.!
Foto 38: Cervignano. Danke an Bruno S. und Maurizio C.!
Foto 39: Möglicherweise Terzo.
Foto 40: Welche Kirche ist das? Möglicherweise Terzo.
Foto 41: Ausflug nach Istrien – im Bau: das heutige Kempinski-Luxushotel in Portorose.
Foto 42: Pirano, heute Piran in Slowenien.
Foto 43: Pirano.
Foto 44: Pirano.
Foto 45: Pirano (Danke an Rosi und Irina!).
Foto 46: Pirano (Danke an Rosi und Irina!).
Foto 47: Und nach den Ausflügen wieder am Strand von Grado.

Ich war mit den Fotos natürlich schon an Pinos Stammtisch. Wer noch ergänzende Informationen hat – gern her damit.

Jetzt zu den aktuellen Themen der Woche.

Montag, 7. Juli

Das angekündigte Unwetter ist komplett ausgeblieben. Wie so oft war das Wetter in Grado besser als die Vorhersage – und was wurde uns nicht alles vorhergesagt: Gewitter mit Hagelschauern, orkanartige Windstöße, sogar Tornados.

Nein, der Wind frischte auf, es regnete in der Nacht zart und kurz, aber Blitz und Donner blieben auf dem Festland. Anderswo in Norditalien hat es ordentlich gescheppert, aber Grado ist eben die »Isola del Sole«. Und die Abkühlung um 7 oder 8 Grad, die das Wetter mit sich gebracht hat, erfreute sogar die Touristen. Der Montag, an dem ständige Gewitter vorhergesagt waren, entpuppte sich als der bislang angenehmste Strandtag des Jahres – Sonne, 28 Grad, erfrischender Wind, wunderbarer Wellengang. Auch der Sabo Grando blieb, bis auf eine fünfminütige Regenerfrischung, trocken und stimmungsvoll. 

Dienstag, 8. Juli

Die Zahl der Gradeser, die sich über die vielen neuen E-Roller freuen, ist etwa so hoch wie die Zahl der Gradeser, die sich am Abend geriebenen Parmesankäse über ihre Spaghetti vongole streuen. In den sozialen Medien tauchen die ersten Fotos von Benutzern auf. Natürlich alle ohne Helm (verboten) und zu zweit auf einem Gefährt (ebenfalls verboten). Oh, das Ganze wird noch hochkochen.

Leser Karl schreibt: War vorige Woche in Grado. Bis Freitag alles perfekt, dann kamen die Schüler und kaperten diese elenden E Scooter. Radwege dadurch teilweise überfüllt und gefährlich. Abends gezählte 30 Scooterfahrer (die meisten mit Leih Scootern) ohne Helm. Das wären schon mal 1500 Euro für die Gemeinde Grado. Blöderweise gab es keine Kontrollen der Polizei.

Und Rechtsanwalt Peter schreibt: Übers Wochenende haben wir mal wieder in Grado keinen E-Roller-Benutzer mit Helm gesehen. Aber den deutschen Beitrag zum Bürokratieabbau in diesem Zusammenhang müssen Sie anschauen, wo man das Parken der Roller in der Elektrokleinstgeräte-Verordnung (Gesetze im Internet) auch noch für private und vermietete Roller unterschiedlich regeln will.

Die deutsche Sprache ist eine sehr schöne Sprache. Aber wir können uns wohl darauf einigen, dass »Elektrokleinstgeräte-Verordnung« nicht ihr schönstes Wort ist.

Mittwoch, 9. Juli

Vor ein paar Tagen hat es Grado auf Seite 1 der Gazzetta dello Sport geschafft, was hier alle sehr gefreut hat. Denn einst war Grado das VIP-Ziel für Italiens Fußballer, die sich hier im heißen Sand haben behandeln lassen, und eine Glosse auf Seite 1 der rosafarbenen Lieblingszeitung Italiens erinnerte daran. Auch Superstar Gigi Riva kam regelmäßig nach Grado und hatte eine Affäre mit einer Dorfschönheit, über die heute noch getuschelt wird. 

Die Sandkuren gibt es immer noch, aber die sind gerade bei Sportlern etwas aus der Mode geraten, heute schwören ja alle auf Eisbäder.

Donnerstag, 12. Juli

Neue Buchbesprechung im aktuellen Feinschmecker, danke dafür!

Der Verlag ist Mosaik, nicht Südwest, und es sind 300 Seiten, nicht 192 – aber egal, die netten Worte nehme ich gern mit.

Ich wünsche euch allen ein wunderbares, sonniges, entspanntes Wochenende. Nächste Woche lest ihr unter anderem von dem Nachspiel des Sabo Grando – der örtliche Priester ist nämlich gar nicht glücklich mit der Partystimmung.

Meine 53 persönlichen Tipps zu Grado lest ihr hier.

Die letzte Wochenschau mit dem Ende eines beliebten Geheimtipps lest ihr hier.

Alles über meine Bücher lest ihr hier. Und mehr Bilder aus Italien gibt es auf Instagram unter @buch_und_wein.

Abonniert diesen Newsletter! (Das geht in dem Feld oben rechts.) Tragt einfach eure E-Mail-Adresse ein, und ihr bekommt jeden Freitag Neuigkeiten aus Grado und Italien, kostenlos und werbefrei.