Hier kommt der einzige Newsletter, der über eine Platzveränderung bei Pino nachdenkt – eine schwerwiegende Entscheidung!
Montag, 14. Juli
Denn ich sitze immer rechts vorn am Fenster (an Tisch D5, die Tischnummern sind auf den Serviettenhaltern markiert), aber gestern war der Tisch besetzt – unerhört –, und ich zog zu Tisch D1 um.

Dort saß ich direkt neben der Kaffeemaschine und bekam die Bestellungen mit, die bei Pino an der Theke aufgegeben werden. Eine etwa dreißigjährige, sehr braungebrannte Italienerin bestellte zum Frühstück Caffè Macchiato mit Kakaopulver – und dazu zwei polpette, Fleischbällchen. Das, versicherte mir Luciana, sei aber noch nicht das ungewöhnlichste Frühstück gewesen, vor ein paar Wochen hätte eine Kundin heiße Schokolade mit sarde in saor bestellt. Und über die Bestellung caffè corretto mit Jägermeister hatte ich ja vor einigen Monaten berichtet.
Dienstag, 15. Juli
Die historischen Fotos aus dem letzten Newsletter haben für richtig viel Aufsehen gesorgt, die Seite wurde fast zwanzigtausend Mal besucht und dutzendfach geteilt, besonders in diversen Grado-und Adria-Fangruppen. Es ist bislang die meistgelesene Wochenschau seit Corona, und es gab viele liebe Zuschriften.
Ich habe auch noch ein paar wertvolle Hinweise zu den einzelnen Fotos bekommen, die ich eingearbeitet habe. Die Frage bleibt: Wer genau hat die Fotos gemacht? Hatte die Reisegruppe etwa eine professionelle Kameraausrüstung dabei? Kameras im Jahr 1909 sahen etwa so aus und brauchten viel Geschick bei der Bedienung:

Leser Bruno Scaramuzza vermutet, dass sich die wohlhabenden Sommerfrischler einen Fotografen vor Ort gebucht haben, der sie begleitete, möglicherweise einen von zwei Wienern mit den Namen Hesz und Wessely, die seit 1905 in Grado residierten, ein gemeinsames Fotoatelier unterhielten und ihre Dienste anboten. Dafür spricht auch der professionelle Aufbau vieler Fotos – aber die Urheberfrage wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.
Mittwoch, 16. Juli
Ordnen wir alles noch mal kurz ein: Das Perdòn di Barbana ist eine der ältesten Prozessionen Italiens. Seit dem Jahr 1237 fahren die bunt geschmückten Fischerboote zum Inselkloster Barbana, und zwar immer am ersten Julisonntag. Die Nacht davor heißt Sabo Grando, und dort wird ordentlich gefeiert. Es ist die einzige Nacht des Jahres, in der Musik, ob aus den Boxen oder live, bis um 3 Uhr ausdrücklich erlaubt ist.
Die Nacht, in der einst stimmungsvolle Fischerlieder gesungen wurden, hat sich inzwischen zu einem veritablen Volksfest entwickelt, das jedes Jahr ein bisschen lauter, voller und bunter wird. Und das passt nicht allen. Zum Beispiel nicht der Kirche. Denn der Sabo Grando scheint längst wichtiger als die Prozession selbst geworden zu sein. Daher schlägt unser Priester Don Paolo Nutarelli vor, die Nacht von Freitag auf Samstag (und nicht jene von Samstag auf Sonntag) zur Feiernacht zu erklären, damit weltliche und kirchliche Angelegenheiten deutlicher voneinander getrennt sind. Doch da hat der brave Don die Rechnung ohne die italienischen und österreichischen Feierbiester gemacht, die dann halt ziemlich sicher zwei Nächte durchfeiern würden. »Tutto Gas« mit abschließender Schiffsprozession, sozusagen.

Stört der Trubel die Gradeser? Nicht sehr, denn es ist ja nur eine Nacht im Jahr. Wer allerdings als Tourist für eine Woche die Ruhe gesucht hat und vielleicht noch in einem Hotel im Ortszentrum oder rund um den Hafen untergekommen ist, hat wirklich Pech gehabt; es gab reichlich Beschwerden.
Daher noch eine aktuelle Lärmwarnung: Am 6. August spielt Rapper Fedez im Parco delle Rose. Auch da wird es ordentlich rund gehen.
Donnerstag, 16. Juli
Heiße Neuigkeit: Meine Romantrilogie »Die Porzellanmanufaktur« ist als Hörbuch erschienen! Band 1 kam letzte Woche raus, Band 2 erscheint heute, Band 3 nächste Woche. Überall, wo es Hörbücher gibt, zum Beispiel hier.

Worum geht’s? Um eine Familiendynastie zwischen Stunde Null und Wirtschaftswunder, direkt an der Grenze zwischen West und Ost. Um eine Manufaktur in Scherben. Um zwei Schwestern, die um den Wiederaufbau kämpfen, der Bruder ist im Krieg verschollen.
Deutschland liegt in Trümmern, in der Manufaktur drängen sich die Flüchtlinge, und die Rote Armee baut Grenzbefestigungen, nur zwei Kilometer entfernt. Es ist ein Überlebenskampf zwischen Schwarzmarkt, Schmuggel und Spionage. Aber: Es geht aufwärts. Hoffen Marie und Sophie Thalmeyer jedenfalls. Doch dann müssen sie sich mit einem unerwarteten Feind aus dem engsten Freundeskreis auseinandersetzen…
Hörerin Karin schreibt:
»Hallo lieber Stefan,
deine Porzellanmanufaktur hat mich voll gekriegt. Ich mag die Geschichte und die Protagonisten sehr und bin schon traurig, dass der erste Teil fast zu Ende gehört ist. Gottseidank ist bald der 18.7. Ich finde, Hörbücher sind oft auch nur ein bisschen so gut wie ihr Sprecher. Nils Kretschmer finde ich perfekt. Die Porzellanmanufaktur wird jetzt auch als Buch bei mir einziehen.
Sonnige Grüße, Karin«
Apropos Ohren: Radio Adria geht weiter ab, tausend Dank euch allen! Wir sind schon bei 10.000 Downloads – das war eigentlich das Ziel bis zum Jahresende.

Morgen kommt die neue Folge raus. In der sechsten Folge geht es ausführlich um das Leben der Fischer in Grado, außerdem um den Traum einer eigenen Wohnung.
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Ich wünsche euch allen ein wunderbares, sonniges, entspanntes Wochenende.
Meine 53 persönlichen Tipps zu Grado lest ihr hier.
Die letzte Wochenschau mit den vielen faszinierenden Fotos aus dem Jahr 1909 lest ihr hier.
Alles über meine Bücher lest ihr hier. Und mehr Bilder aus Italien gibt es auf Instagram unter @buch_und_wein.
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