Hier kommt der einzige Newsletter, der sich nun doch die Mütze aufsetzt! Ich zögere diesen entwürdigenden Moment immer so lange wie möglich hinaus, aber in diesen Tagen ist die Bora einfach stärker.

Montag, 24. November

Ich denke, wir haben einen klaren Gewinner in der Kategorie »Möbeldesign des Jahres«: die Tortellini-Sessel der Tappezzeria di Modena.

Dienstag, 25. November

Wie jeden Morgen strömen die Rentner auf ihren durchrostenden Damenrädern in Pinos Bar. Viele davon sind weit über 80. Was uns zur Frage bringt: Warum werden Italiener so alt? Liegt es nur an der vielzitierten Mediterranen Diät, oder hat es noch andere Gründe? Einer davon ist sicher folgender: Auf 7500 Einwohner kommen in Grado 50 aktive Vereine, darunter 20 Sportvereine und 30 allgemeine Kulturvereine, etwa der Theaterverein, der Amateurfunkverband, die Seniorenakademie (eine Art Volkshochschule für die Älteren), der Musikförderverein, ein Verein für die Blumenkunst und die Graisani de Palù, die sich um die Lagune kümmern. Der Blutspender-Verein ist einer der aktivsten in ganz Italien – beinahe nirgendwo sonst wird, in Relation zur Einwohnerzahl, so viel gespendet wie in Grado, worauf man zu Recht sehr stolz ist. Beim Sport gibt es den Fußballverein, den Tennis- und den Golfclub, den Segel-, Kitesurf- und Ruderverein, und jeden Mittwoch treffen sich in Pinos Bar die Burraco-Spieler. Es gibt sogar einen Sci Club Grado, der regelmäßige Ausflüge in die Berge organisiert, und zwar seit mehr als fünfzig Jahren.

In diesen Tagen beginnen die Weihnachtsfeiern aller Vereine, und unser armer Bürgermeister muss überall aufkreuzen und ein paar Worte sagen – ja, in den kommenden Wochen muss er für seine monatlich 6723 Euro brutto richtig arbeiten.

Zurück zu den alten Italienern: Langlebigkeits-Experten meinen, dass die mentale Komponente beim Älterwerden immer unterschätzt wurde. Und das ist eben auch Italien: Hier bleibt niemand einsam; das gilt besonders für Seniorinnen und Senioren, die ihren Partner oder ihre Partnerin verloren haben. Und wer keine Lust aufs Vereinsleben hat, der kommt täglich auf einen Plausch zu Pino.

Gut fürs Wohlbefinden ist auch die Sauna – im Gegensatz zu der bizarren neuen Mode des Eisbadens, für das solche Nachweise fehlen. Und deswegen errichtet die Strandverwaltung zu den Feiertagen bei der Bar Numero Uno eine Sauna mitten am Strand, ein futuristischer Würfel, der Platz für bis zu acht Personen bietet. Und falls sich jemand fragen sollte: Die Scheiben lassen rausschauen, aber nicht reinschauen.

Mittwoch, 26. November

Die Blaukrabbe macht uns weiterhin Kummer. Die Fischer haben in den letzten Monaten 14.000 Kilogramm weniger Goldbrassen gefangen als noch im Vorjahreszeitraum. Die Tageszeitung Il Piccolo weiß, warum: »Zerquetscht von den Scheren und zu Brei zermahlen durch den Heißhunger der Blaukrabbe, die sich zum Staatsfeind Nummer eins der Fischer von Grado entwickelt hat. Diese appellieren nun an die Region, die explosionsartige Vermehrung des zehnfüßigen Krustentiers dringend zu untersuchen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Anderenfalls drohe der Zusammenbruch der lokalen Fischereiwirtschaft.«

Die schwindenden Fangmengen schlagen sich direkt in der Kasse nieder: 75.000 Euro weniger flossen innerhalb von nur vier Monaten in die Bücher der Fischereigenossenschaft. Das berichtet deren Präsident Donato Antonio Santopolo. Das Phänomen sei inzwischen »eine Naturkatastrophe«. Betroffen sind nicht nur die Fischer, sondern auch die Gastwirte.

»Hohe Anpassungsfähigkeit, enorme Gefräßigkeit, extreme Fruchtbarkeit und ein ausgesprochen aggressives Verhalten machen sie zu einer der invasivsten Arten unserer Meere.« Die Krabbe ist ein Allesfresser und ein Vielfraß (ganz schlechte Kombination): Muscheln, Fische, deren Eier und andere Krustentiere stehen auf dem Speiseplan. Sie knackt Muschelschalen, frisst sich durch die Bestände und beschädigt sogar Muschelbänke. Dazu kommt, dass sie Netze zerreißt und so für zusätzliche Kosten sorgt.

Während die Art in den USA wegen ihres Fleisches geschätzt wird, wollen Italiener sie nicht essen – sie schmeckt ihnen zu süßlich; Gulasch-Lele aus Pinos Bar schlägt vor, die Pasta mit Kapern anzureichern, um den Geschmack auszubalancieren.

Ich werde weiter von der Blaukrabben-Front berichten.

Donnerstag, 27. November

Presseschau: Am Wochenende war »Alle weg« in der Tageszeitung Österreich, danke!

Auch die Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung berichtete:

Und eine ganz liebe Nachricht aus Graz:
Es ist so schön, immer freitags, mitten in den letzten Arbeitsstunden der Woche, Post aus Grado zu bekommen. Dadurch, dass man durch dich mitten aus dem Gradeser Alltag erfährt, was sich vor Ort so tut, fühlt es sich wie ein kurzzeitiges Hinbeamen ans Meer an. Das tut gut! 😀 Hier fallen gerade die ersten Schneeflocken, aber wir haben Rombo vom Fischhändler besorgt, damit wir am Wochenende wenigstens ein bisschen so tun können, als wären wir in Grado… Liebe Grüße, Ulrike 

Martin vom Reiseveranstalter Italissimo – mit einem sehr empfehlenswerten Programm, schaut mal rein – hat sehr nett mein Buch »Zu Gast in Rom« vorgestellt: hier entlang.

Nun wünsche ich euch ein wunderbares Wochenende.

Drei Veranstaltungen gibt es noch in diesem Jahr: 
3.12.: St. Veit, Buchhandlung Besold, Signierstunde 16-17 Uhr
4.12.: Salzburg, Buchhandlung Höllrigl, Eintritt frei, Prosecco gibt’s auch
14.12.: Bad Radkersburg, Thermalhotel Fontana (offen auch für Nicht-Gäste)
Und das neue Jahr nimmt ebenfalls langsam Form an:
11.5.2026: München, Buchhandlung Singer
12.5.2026: Coburg, Buchhandlung Riemann
18.5.2026: Klagenfurt, Buchhandlung Heyn
19.5.2026: Wien, Konzertcafé Schmid Hansl
12.6.2026: Steyr, Museum Arbeitswelt  

Zur letzten Wochenschau mit den ruckligen Silvestervorbereitungen geht es hier entlang.

Zur Wochenschau mit den spektakulären Urlaubsfotos aus dem Jahr 1909 geht es hier entlang.

Alles über meine Bücher lest ihr hier.

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Die Podcast-Übersicht
Wer kurz reinhören will oder was Bestimmtes sucht: Hier kommt eine Übersicht aller Folgen meines Podcasts Radio Adria, den ihr überall kostenlos hören könnt, ob auf Spotify, Podigee, Apple Podcasts, Audible oder RTL+.

In Folge 15 geht es um eine Superyacht mit tragischer Geschichte und um Grados bestes Restaurant. Zu Gast ist Bestsellerautor Axel Hacke.
In Folge 14 geht es um Kinder in Restaurants, unfähige Kriminelle und römische Ruinen. Zu Gast ist die Fernsehköchin, Feinkosthändlerin und Buchautorin Stefania Lettini.
In Folge 13 geht es um einen geheimnisvollen Kriminalfall, der bis heute ungelöst ist, aber auch ums Tiramisù. Zu Gast ist Kersten Wetenkamp vom »Feinschmecker«.
In Folge 12 hört ihr von der Polizei gegen spielende Kinder und von einem gestohlenen Rad, das bis nach New York Wellen schlägt. Außerdem ist Genussexpertin Silvia Trippolt zu Gast.
Folge 11 erzählt, warum ein Radfahrer einst das ganze Land rettete und was das »Schwarze Trikot« bedeutet.
Folge 10 dreht sich ums Essen und Trinken, um umkippende Gondeln in Venedig und Overtourism an den Stränden.
In Folge 9 reden wir über das italienische Glück, über zwei kulinarische Skandale (einmal ist Grado im Mittelpunkt), über das größte Bauprojekt in der Geschichte Italiens und was Ferrari so alles fürs Image tut.
Folge 8 dreht sich um den italienischen Aberglauben und einen radikalen Vorschlag, um Venedig zu retten.
In Folge 7 dreht es sich um den perfekten Kaffee und das teuerste Kunstwerk Venedigs.
In Folge 6 betrachten wir das Leben der Fischer und geben Tipps für den Wohnungskauf in Italien.
In Folge 5 geht es um das Reizthema Hund und Tipps für Fischmuffel.
In Folge 4 geht es um das richtige Verhalten in Restaurants und Ausgehtipps in Venedig und Grado.
In Folge 3 geht es um die neue Mode des Apericena und die Archäologie-Verschwörung.
In Folge 2 reisen wir an den italienischen Strand und freuen uns an den kleinen Ritualen.
In Folge 1 reden wir über die Faszination Adria – die nach vielen Jahren plötzlich wieder Trend geworden ist.