Machtspiele in der Bar, Blaukrabben, inkonsequente Athleten: Mediterrane Wochenschau CLXXI

Hier kommt der einzige Newsletter, der zu euch kommt! Jedenfalls dann, wenn ihr in der Nähe von Graz wohnt, denn am 19. Oktober lese ich um 19 Uhr in Köflach in der Lipizzanerheimat-Bibliothek. Einzelheiten stehen hier, Wein bringe ich mit. Es wird, wie immer, keine Vorlesungsveranstaltung, sondern ein gemütliches Beisammensein. Ich freue mich auf euch!

Und das ist gerade bestätigt worden: Am 4. Dezember bin ich zum Plaudern und Signieren in der Buchhandlung Singer in München, Einzelheiten folgen.

Jetzt aber ab auf die Insel!

Die Sonnenschirmständer machen es sich kuschlig und bereiten sich auf den Winterschlaf vor.

Montag, 2. Oktober

Heute wurde der Commissario vorgestellt, der Grado bis zu den Neuwahlen im Frühjahr regieren wird. Der Herr heißt Augusto Viola, kommt aus Pordenone, sieht exakt so akkurat und humorlos aus, wie ein Commissario auszusehen hat (ich sehe zu, dass ich in den nächsten Wochen mal ein Foto poste), und er ist schon der neunte Commissario seit 1977, der nach einem vorzeitigen Regierungssturz übernehmen muss. Fun Fact: Claudio Kovatsch, der frisch abgesägte Bürgermeister, kam selbst einst als Commissario auf die Insel und hat in dieser Zeit offenbar Geschmack am Regieren gefunden – oder genauer: am Bürgermeister-Sein. 

Als Nachfolger werden sechs Kandidatennamen geflüstert, darunter wundersamerweise diejenigen, die den Bürgermeister gestürzt haben und jetzt Kalif anstelle des Kalifen werden wollen. Und nun passiert etwas Lustiges: All diese Kandidaten trefft ihr plötzlich regelmäßig in den Bars von Grado. Si fanno vedere, sie lassen sich sehen, plaudern hier und da, halten sich natürlich noch bedeckt, aber loten schon mal Allianzen aus und überlegen, welchen Familien sie welche Gefallen tun könnten, um ein paar Dutzend Stimmen mehr zu bekommen. Ich hatte ja schon in »Meine Bar in Italien« geschrieben, wie wichtig Bars und Aperitivi fürs soziale Gefüge sind. Jetzt könnte ich glatt ein ganz neues Kapitel für die nächste Auflage schreiben.

Dienstag, 3. Oktober

Letzte Woche hatte ich geschrieben, dass ich mich kostenlos als Kartenabreißer zur Verfügung stellen würde, sollte das Meeresmuseum an der Uferpromenade tatsächlich nach nur 40 Jahren Planungs- und Bauzeit eröffnen. Daraufhin boten mir einige Leserinnen und Leser, die ebenfalls seit vielen Jahren auf die Eröffnung warten, ihre Hilfe an. Aber dann fiel mir ein, dass der Zutritt wahrscheinlich mit einem raffinierten Computersystem samt QR-Code geregelt werden soll. Das allerdings wird dann Monate nicht funktionieren, woraufhin improvisiert werden muss – also kommen doch wieder wir als Kartenabreißer ins Spiel.  

Nein, ich mache mich nicht über italienische Ineffizienz lustig. Kann man ja auch nicht, wenn man aus dem Land des Berliner Flughafens kommt. Aber es ist völlig klar: Je mehr Funktionäre und Institutionen ihren Senf dazugeben, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sich irgendwas bewegt.

Mittwoch, 4. Oktober

Und noch ein Bezug zur letzten Woche: Ich habe ja voller Bewunderung von den Sportlerinnen und Sportlern geschrieben, die am Aquatic Runner teilgenommen haben, einer Strecke laufend und schwimmend von Grado quer durch die Lagune bis nach Lignano – mehr als 27 Kilometer, davon fast fünfeinhalb Kilometer im Wasser. Nun habe ich erfahren, dass die Athleten im Wasser Schwimmbrettchen benutzen durften. Ich will die Leistung der 250 Teilnehmer nicht schmälern, aber ein bisschen inkonsequent finde ich es doch. 

Ich mache ja viel für die famiglia, aber ich stehe nicht um 6 Uhr morgens für ein Foto auf. Daher stammt das Foto von aquaticrunner.com

Die Schwimmbrettchen heißen natürlich nicht Schwimmbrettchen, sondern sehr cool Paddle Boards, und sie ähneln eher überdimensionalen Tatzen, die über die Hände gestreift werden. Dennoch: inkonsequent e basta.

Donnerstag, 5. Oktober

Jetzt habe ich auch endlich mal Blaukrabben gegessen – gekocht vom unvergleichlichen Roby und seinem kongenialen Partner Bruno. 

Von links: Roby, Blaukrabbenvertilger, Bruno.

Besonders Bruno ist ja, neben Pino, der heimliche Star meines Bar-Buches geworden; wenn ich sein Kapitel vorlese, gibt es spontanen Zwischenapplaus wie nach dem gelungenen Solostück eines Musikers, was man als Autor nun wirklich nicht gewohnt ist. (Aber es fühlt sich toll an.)

Jedenfalls verriet mir Roby ein Geheimnis: So gut wie alle sagen, schmecken Blaukrabben gar nicht. Sie schmecken auch nicht schlecht, aber ein bisschen fad. 

Paccheri-Pasta, beste Pasta.

Daher hat Roby sie mit Mazzancolle angereichert, den Garnelen aus der Lagune. Andere Köche nehmen einen intensiven Fischsud, um den Geschmack etwas aufzumotzen.

Bevor ich euch ein schönes Wochenende wünsche: Wer kennt (ober-)fränkische Buchhändlerinnen und Buchhändler? Denn ich plane eine Lesereise im Dezember und Januar in die Region, um meine neue Familiensaga vorzustellen. Wer sympathische Menschen kennt, die dort mit Büchern handeln oder sonstwas mit Kultur zu tun haben – gern Bescheid sagen.

Jetzt aber: Euch allen ein schönes Wochenende, bis nächsten Freitag.

Zur letzten »Mediterranen Wochenschau«, in der wir bereits knietief im Sumpf der Lokalpolitik waten, geht es hier entlang.

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