Bratkartoffeln, Sehnsucht, Safraneis, Trüffelsuche im Piemont: Mediterrane Wochenschau CLXXIII

Hier kommt der einzige Newsletter, der Grado mindestens so sehr vermisst wie ihr – denn ich war fast zwei Wochen aus beruflichen und familiären Gründen in Deutschland und Österreich unterwegs und fahre erst jetzt, am Freitag morgen, nach Italien zurück. Endlich!

Aber natürlich habe ich in jeder Bar, an jeder Ecke und an jedem Strandabschnitt meine Spione, die mir melden, was sich auf unserer Insel so zuträgt. Oder die mir so schöne Oktoberfotos schicken.

Ein Monat, der wie für Influencer gemacht ist.

Gehen wir’s an!

Montag, 16. Oktober

Vorab muss ich eines loswerden: Natürlich gibt es auch in Deutschland längst herausragende Restaurants, die sogar mit der Weltspitze mithalten können. Aber dort war ich nicht. Ich habe mich stattdessen in den letzten Tagen durch ein paar Landgasthäuser gegessen. Einige davon hatten durchaus respektable Bewertungen in dem einen oder anderen Restaurantführer. Aber, liebe famiglia, ich muss schon sagen: Zu einer italienischen Trattoria fehlen doch noch ein paar Lichtjahre. Apathische Bedienungen, Wartezeiten von einer Stunde in halbleeren, düsteren Gasträumen, deren Gebälk Zigarettenrauch ausdünstet, obwohl dort schon seit Jahren nicht mehr geraucht werden darf, klebrige Saucen, überladene Teller, Fisch zweifelhafter Herkunft, hoffnungslos überwürzt und in Marinade ertränkt, und einmal kamen selbst die Bratkartoffeln mikrowelliert daher. Lieblos ist das treffende Wort.

Es gibt sicher auch gute deutsche Landküchen. Ich habe sie bloß nicht gefunden. Wir haben es schon gut mit unserem Grado. Das ist eben, ich habe es ja schon oft gesagt, Italiens Stärke: Die tägliche, vermeintlich banale italienische Küche ist beinahe allen anderen Alltagsküchen überlegen.

Aus Frust habe ich mir die Bratkartoffeln dann selbst gemacht.

Und gut, dass am Ende der Reise Edip Sigl meine Geschmacksnerven wieder einnordete. Der deutsch-türkische Koch im Achental-Resort ist einfach weltklasse am Herd und glänzt mit zwei Michelin-Sternen.

Edip Sigl, bester Mann.

Ich bin kein großer Essensfotografierer, aber das ist sein Safraneis mit einer Zuckerspirale.

Köstliche Kunst.

Das ist natürlich das andere Extrem. Aber um die Waage nach all den Landgasthöfen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, musste Edip einfach sein.

Und jetzt freue ich mich auf Spaghetti vongole in Grado.

Dienstag, 17. Oktober

Grado rüstet sich für die Bürgermeisterwahl. Nach wie vor hat noch hat niemand offiziell seine Kandidatur erklärt, aber es scheint, als käme da ein neuer Bewerber auf uns zu: Commissario Viola, der Grado behelfsmäßig regiert, scheint nämlich Lust am Job bekommen zu haben, zeigt sich engagiert und präsentiert sich mit salbungsvollen Reden in der Öffentlichkeit. Der wird doch nicht…? Na, mal abwarten.

Mittwoch, 18. Oktober

Eine junge Frau ist mit dem Einrad (!) 700 Kilometer von Oberammergau nach Grado gefahren. Hier geht es zum Artikel. (Danke an Leserin Natalie für den Tipp.) Sie brauchte drei Wochen und hatte dabei ihre ganze Habe auf dem Rücken – ein Gepäckträger fiel ja weg. Ich habe großen Respekt vor dieser Leistung, aber immer, wenn ich von solchen Touren lese, meldet sich eine kleine Stimme in mir, die fragt: Warum bloß?

Wenn man einen Bergsteiger fragt, warum er unbedingt auf einen 8000er muss, dann antwortet er: »Weil er da ist.« Ja, aber sind die Badewanne, die Fernbedienung und das Glas Wein doch auch!

Donnerstag, 19. Oktober

Was für eine wunderbare Mail von Susanne aus Kärnten zu Meine Bar in Italien»Authentischer, anspruchsvoll-amüsanter, und das italienische Herz – das meine – tief berührender geht nicht! Grado ist der Kurzurlaubs-Ort meiner Kindheit und nach vielen, vielen Jahren in München ist es nun wie heimkommen. Und statt von meiner Mama nun von Ihnen an die Hand genommen zu werden, um ganz neu, anders, auch durch fremde Augen und vor allem intensiver in die bezaubernde Insel und die Seele der Menschen dort einzutauchen. Danke für doppeltes Grado-Glück durch Ihre Bücher! Mi inchino.«

Und Leserin Martina hat »Meine Bar in Italien« mit nach Island genommen.

Das ist möglicherweise die weiteste, ziemlich sicher aber die nördlichste Reise, die das Buch bislang angetreten hat.

Und ist das nicht ein hübsches Stillleben? Danke, Monika!

Ihr seid die Besten!

Freitag, 20. Oktober

Gestern hatte ich zwei Lesungen im steirischen Köflach, erst vor ein paar Schulklassen, dann in der Lipizzanerheimat-Bibliothek. Davon erzähle ich euch nächste Woche, jetzt will ich erst einmal zurück nach Grado fahren und mir – falls ich es noch nicht erwähnt habe – sehr, sehr viel Pasta gönnen.

Euch allen ein schönes Wochenende, bis nächsten Freitag!

Zur letzten Mediterranen Wochenschau mit der verschwundenen Wasserleiche geht es hier entlang.

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Meine neue Familiensaga rückt näher, ich kann es kaum erwarten! Hier steht mehr.

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Ach ja, und wenn ihr zum Kiosk oder zur Trafik geht, dann schnappt euch den neuen Feinschmecker. Da habe ich übers Piemont geschrieben.

Ich wurde gefragt, ob man mich auch kontaktieren kann, ohne auf Instagram oder Facebook zu sein. Natürlich könnt ihr das, entweder oben über das Kontaktformular oder via stefan.maiwald@golfmagazin.de. Ihr wisst ja: Ich antworte immer.

Leitet diesen Newsletter gern an nette Menschen weiter.

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