Familienhappen, scheue Hühner, Schlager, Neues vom Strand: Mediterrane Wochenschau CLXXXVII

Hier kommt der einzige Newsletter, der ab jetzt jeden Tag ein paar Meter mehr für die Strandfigur flanieren muss! Denn die drei Tage auf der Genussmesse »Pitti Taste« in Florenz waren einfach wunderbar. 640 Aussteller aus dem ganzen Land, Kleinstunternehmen, fast alles Familienbetriebe, oft schon seit mehreren Generationen aktiv: Das ist ja die große Stärke Italiens. An den Ständen warteten daher keine gelangweilten Hostessen, sondern die Produzenten selbst, die uns euphorisch anlockten und lustvoll abfüllten. 

Wenn ihr je die Gelegenheit habt: Es ist wirklich eine faszinierende Messe. Und Florenz selbst kann man sich ja auch immer mal ansehen.

Lebenstipp: Findet einen Partner, der euch so verliebt anschaut wie diese Dame den Barista.

Fotos: P3 Studio, AKAstudio-collective, Clark Parkin, Lilly Maiwald

Drei rasche Köstlichkeiten: das richtig gute alkoholfreie Bier von Freedl aus Südtirol (cleverer Slogan: »Drinking like there is a tomorrow«), die sizilianischen Orangen von Tenuta Serravalle und die Knoblauchcreme von Umami aus dem Piemont mit Knollen, die einen Monat lang bei niedriger Temperatur gegart werden und einen edlen Balsamico-Geschmack bekommen. Perfekt für eine schnelle Pasta!

Und: Ich erzähle euch ja selten von meinen Töchtern, aber diese Anekdote muss ich jetzt doch mal loswerden. Meine älteste Tochter studiert Deutsch und Literatur in Padua. Da muss sie die ganzen Klassiker im Original lesen; schwere Kost, zumal ihre Muttersprache Italienisch ist. Sie kam für einen Tag zur Messe nach Florenz und durfte zu den Hühnern in den dort aufgebauten Stall (es handelte sich eigentlich um eine Kunstinstallation – aber eben mit echten, artgerecht gehaltenen Tieren), und sie erzählte in unserer deutschen Journalistenrunde später, sie habe versucht, die Hühner zu »liebkosen«. Sie meinte natürlich »streicheln«. 

Das erinnert mich an den Japaner, der mit Goethe-Lektüre Deutsch gelernt hat und ein Taxi mit den Worten »Verweile doch!« heranrufen will.

Montag, 5. Februar

Von Ständen zu Stränden: Während ich mich durch die Messe geschlemmt habe, gab die Strandverwaltung von Grado die Neuigkeiten für dieses Jahr bekannt. Unsere Lieblingsinsel will 2024 richtig auf die Tube drücken, denn 2023 war erneut ein Rekordjahr. Nach dem schon fabelhaften 2022, der ersten nahezu Corona-freien Saison, galt eine neue Bestleistung als unmöglich, und doch: Die Insel verzeichnete noch mal 9,3 Prozent mehr Strandbesucher, trotz insgesamt eher mäßigem Wetter (kühles, verregnetes Frühjahr, strömender Regen mit Hochwasser schon im Oktober). Den Schwung will die Strandverwaltung für 2024 nutzen: mehr Service, mehr Events, Vorbild Saint-Tropez. Ja, dieser Ortsname ist tatsächlich gefallen. Wir sind gespannt und warten mit einem Aperol Spritz in der Hand ab. Eine konkrete Maßnahme: Von den zwei Tennisplätzen, die der Strandverwaltung gehören (gegenüber der Villa Reale am zweiten Strandeingang), soll einer zu einem Padel-Platz umgebaut werden. Und da muss ich sagen: Nichts gegen den Padelsport, aber das kommt ein bisschen spät, oder? Der Padel-Boom ist zumindest hierzulande schon wieder vorbei, der Reiz des Neuen ist weg, die meisten spielen lieber wieder Tennis, weil Padel doch ein paar unleugbare Nachteile hat (es ist nur zu viert möglich, und man ist in einem Aquarium eingesperrt). Der nächste heiße Trendsport, der – mal wieder – Tennis ablösen soll, heißt Pickleball, eine Mischung aus Tennis, Tischtennis und Badminton. Oder wie der Comedian Bill Burr sagt: Tennis für sehr kleine Leute.

Dienstag, 6. Februar

Heute beginnt das Musikfestival von San Remo (italienische Schreibweise: Sanremo), das einzige TV-Ereignis, das es neben Fußball schafft, von nahezu allen Italienern gesehen zu werden, so wie früher bei uns »Wetten, dass…?« Auch Intellektuelle finden immer mehr Gefallen an dem sechstätigen Schlagermarathon, der trotz vieler echter Stars unleugbar auch jede Menge Trash-Elemente enthält. Er erinnert ein bisschen an das deutsche Dschungelcamp oder die Geissens, die ja auch gern von Intellektuellen geschaut werden. Eine Entschuldigung dafür habe ich gerade in der Autobiografie von Werner Herzog gelesen, der ebenfalls bei diesen Formaten einschaltet: »Der Poet darf seinen Blick nie abwenden.«

Mittwoch, 7. Februar

Was macht unser Freund »Fleximan«, der in ganz Norditalien Radargeräte fachmännisch niederreißt? In jedem Fall ist er zu einer beliebten Karnevalsverkleidung in Venedig geworden.

Und »Fleximan« hat bereits mehrere Nachahmer gefunden: In Treviso sägt beispielsweise »Parkman« in der Nacht Parkuhren nieder.

Nachtrag zu Sanremo: Heute Abend hat sich das italienische Fernsehen selbst unterboten. Als Stargast des Tages war John Travolta da, der zum Ententanz gezwungen wurde. Das Aufsetzen des Hutes in Form eines Hühnchens verweigerte er immerhin.

Donnerstag, 8. Februar

Hier noch ein Foto aus Florenz: Zwei höchstens achtjährige Jungs blättern in der Buchhandlung begeistert in Kochbüchern. Ach, Italien.

Bleiben wir beim Thema: Die »Spaghetti-vongole-Tagebücher« erscheinen erst am 14. März, aber wer sie im Buchhandel, bei Thalia, Morawa, Hugendubel oder Amazon bestellt, bekommt sie ein paar Tage vor dem offiziellen Erscheinungstermin. Und der Bonnevoice-Verlag produziert auch wieder ein Hörbuch, so wie schon zu »Meine Bar in Italien«. Auf der Startseite des Verlags gibt es eine Hörprobe zur Bar. Der Sprecher hat eine wahnsinnig tolle Stimme!

Vorher müsst ihr noch schnell in Band 1 der Familiensaga einsteigen, die 1947 beginnt und in den Münchner Studentenunruhen der 1960er-Jahre endet – und die eine ordentliche Portion Italien enthält.

Schöne Grüße aus Pinos Bar an euch alle – bis bald!

Ich wünsche euch allen ein erholsames Wochenende, bis nächsten Freitag!

Auf Instagram findet ihr mich unter @buch_und_wein, schaut vorbei. In der Story poste ich jeden Tag eine Kleinigkeit aus Grado (oder von dort, wo ich gerade unterwegs bin).

Zur letzten Wochenschau mit dem Dilemma des Papstbesuchs und spannenden Fakten zum Karneval in Venedig geht es hier entlang.

Alles über das Eintrittsgeld in Venedig habe ich hier zusammengefasst (scrollt zum Mittwochs-Eintrag).

Mein Text zu allen Neuigkeiten in Grado 2024 wächst und gedeiht, Ende Februar veröffentliche ich ihn. Wenn ihr Tipps, Fragen, Anregungen habt, nur her damit. Ihr erreicht mich auf allen Kanälen, am besten aber unter stefan.maiwald@golfmagazin.de.

Zurück zur Startseite? Bitteschön.

Ein Kommentar

Kommentare sind geschlossen.