Gutes Brot, zu wenige Kunststücke am Himmel, zu viel Licht: Mediterrane Wochenschau CLXXXVIII

Hier kommt der einzige Newsletter, der die Balance hält! Denn eine Leserin aus der Schweiz lobte mich per Mail dafür, dass ich »unser verklärendes Bild von Italien« aufrecht erhalte, während mich am selben Tag ein Österreicher in Pinos Bar tadelte, dass ich ja ganz schön oft sehr kritisch mit Grado umspringen würde.

Also gehen wir’s an, wie immer mit allen Licht- und Schattenseiten. Rasch vorab: Mir wurde gesagt, dass nächste Woche viele Steirer nach Grado kommen werden – weil Ferien sind und weil es mit Skifahren in diesen Tagen nicht so gut aussieht. Trinkt euren Kaffee doch mal in Pinos Bar. Am Vormittag bin ich auch meistens dort.

Montag, 12. Februar

Ein Nachtrag zur wunderbaren Genussmesse Pitti Taste in Florenz: In kulinarischen Dingen haben Italiener zu 99 Prozent recht. Aber sie sind nicht unfehlbar. Toskanisches Brot zum Beispiel ist großer Quatsch. Und insgeheim wissen es die Toskaner auch, sie sind bloß zu stolz, es zuzugeben. Denn toskanisches Brot wird traditionell ohne Salz gebacken, daher schmeckt es wie der Biss in einen Stapel Steuerunterlagen. »Ja, aber so kommen die Zutaten besser zu Geltung«, finden die Toskaner. Das ist Blödsinn. Toskanisches Brot ist eine Katastrophe, sagen alle Italiener, die ich kenne. Außer jene, die aus der Toskana kommen. Die müssen die Zähne zusammenbeißen und still ihre komische Tradition verfluchen.

Dienstag, 13. Februar

Wo wir gerade beim Thema sind: Gutes Brot gibt es neuerdings im Mafalda, einer Neueröffnung in Grado direkt am großen Kreisverkehr, der zum Hafen und zur Isola della Schiusa führt. Dort wird alles selbst zubereitet, auch die Muffins zum Frühstück, und ab Ostern soll es für die Österreicher und Deutschen dort zudem »colazione salata« geben, also »salziges Frühstück«, denn viele von uns können ja am Morgen ohne Rührei, Speck und Schinken nicht leben. Auch Snacks werden bis in den Abend hinein angeboten.

Mal eine andere Optik am Morgen.
Dieser Duft!

Doch, das könnte funktionieren. Allerdings machen die Betreiber in der kommenden Woche noch einmal Urlaub, bevor es dann richtig losgeht. Übrigens: Am Dienstag bekommt ihr eine Extra-Post mit allen Neuigkeiten in Grado.

Mittwoch, 14. Februar

Mein italienischer Schwager ist Architekt, und von ihm habe ich folgenden Satz aufgeschnappt: »Gute Architektur ist zu 90 Prozent richtiges Licht.« Diesen Satz gebe ich immer von mir, um zu tun, als hätte ich Ahnung. 

Und nun stellt sich die Frage: Ist Grado in der Nacht zu hell? 

Meine liebe Freundin Jutta hatte mich schon im letzten Jahr auf die grelle Beleuchtung rund um das Hafenbecken aufmerksam gemacht, und eine Leserin schoss in diesen Tagen folgendes Bild – und das ist ja auch noch im Nebel aufgenommen.

Grado bei Nacht: Viel zu hell, finden viele. Foto: Ev Wieser.

Ich wurde gefragt: Kann man da nicht was machen? Hier kommt das Problem: Themen wie Lichtverschmutzung sind in Italien ganz, ganz nachgeordnet. In zwanzig Jahren Grado habe ich nicht einmal gehört, dass sich jemand über zu viel Licht beschwert hätte. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, jemals einen ausführlichen Artikel über das Problem gelesen zu haben, während Lichtverschmutzung in Deutschland ja durchaus ein Thema in den großen Magazinen ist. Die neuen, »zu hellen« Straßenlampen (jedenfalls für uns Romantiker) waren nie ein Thema bei Pino oder in den anderen Kneipen; auf Nachfrage habe ich nur Stirnrunzeln als Antwort bekommen. In Grado gibt es genug anderen Gesprächsstoff, etwa das ewige Thema Parkplätze (zu wenig), die Fahrrinne nach Barbana (zu flach) den Radweg an der Brücke (zu inexistent), diverse umstrittene Baustellen, diverse umstrittene Events und natürlich die neuen Thermen und deren möglichen Baubeginn. Ebenfalls ein großes Thema ist derzeit, dass die Grund- und Mittelschule von Grado dem Direktorium einer Schule auf dem Festland untergeordnet werden soll, was die Gradeser als schwere Kränkung empfinden.  

Zurück zu den Lampen: Es kommt sogar noch dazu, dass Italiener Helligkeit lieben. »Südländische Restaurants sind immer sehr hell«, fiel schon dem Stand-up-Comedian Felix Lobrecht in Berlin auf. Auch hier sind viele Restaurants sehr, sehr hell, falls euch das schon einmal aufgefallen ist, vom Delfino Blu bis zum De Toni. Das Corallo, eines meiner Lieblinge in Aquileia, ist ausgeleuchtet wie eine Bahnhofshalle.

Das heißt aber nicht, dass man das Thema ignorieren muss. So viel Selbstbewusstsein können wir ja haben – denn wenn die Einnahmen von österreichischen und deutschen Touristen nun mal der Schmierstoff der Insel sind, dann haben die Touristen zumindest das Recht, vermeintliche oder tatsächliche Missstände anzusprechen. Ich habe hier und da mal was angestoßen und halte euch auf dem Laufenden. Aber eines weiß ich jetzt schon: Auf Platz eins der Tagesordnung wird das Thema nicht landen.

Donnerstag, 15. Februar

Der Karneval ist vorbei, aber in Grado steht er noch bevor. Der große Umzug findet am 20. Juli statt. Klingt erst einmal wie eine gute Idee. Aber die (selbsternannten und tatsächlichen) Experten bei Pino halten den Sommerkarneval für Unsinn, wie gestern eine erregte Diskussion ergeben hat. Denn im Sommer sei die Insel ja ohnehin proppenvoll, ein Umzug zur »echten« Karnevalszeit würde dagegen den Tourismus in der Nebensaison beleben. Kein dummes Argument, finde ich.

Apropos Neben- und Hauptsaison: Erstmals nach mehr als 30 Jahren werden in diesem Jahr die Frecce Tricolori nicht in Grado ihre Kunststücke zeigen. Einzelheiten lest ihr am Dienstag, wenn ich den Extra-Newsletter mit den Neuigkeiten 2024 veröffentliche.

Jetzt wünsche ich euch allen ein wunderbares Wochenende.

Bei Pino stimmt das Licht. Schön schummrig!

Auf Instagram findet ihr mich unter @buch_und_wein, schaut vorbei. In der Story poste ich jeden Tag eine Kleinigkeit aus Grado (oder von dort, wo ich gerade unterwegs bin).

Zur letzten Wochenschau mit den Neuigkeiten vom Strand – Grado als neues Saint-Tropez? – geht es hier entlang.

Alles über das Eintrittsgeld in Venedig habe ich hier zusammengefasst; scrollt zum Mittwochs-Eintrag. Dort kommt ihr auch auf die Buchungsseite.

Und: Zum Saisonbeginn arbeitet sich Pinos Bar wieder auf den Bestsellerlisten nach oben.

Sei auf der Hut, großer Arnie!

Und auch das solltet ihr wissen:

Kommt vorbei, es ist ja ein Freitag, dann können wir das Wochenende geschmeidig gemeinsam beginnen.

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