Der Hagelsturm, die zerfetzte Range, Odysseus, Circe und Bud Spencer: Mediterrane Wochenschau CCXI

Hier kommt der einzige Newsletter mit der wichtigsten Nachricht zuerst: Carla ist wieder da! Lauras Mutter und guter Geist des Al Faro (und zuvor im Spaghetti House) hat uns allen einen großen Schrecken eingejagt, aber jetzt ist sie raus aus der Intensivstation und zurück im Leben. 

Erstes Foto mit Carla. Auch wenn unklar ist, wo mein Haar aufhört und wo der Baum beginnt.

Samstag, 20. Juli

Ja, was war denn das für ein Sturm? Ein heftiges, geradezu tropisches Gewitter mit Orkanböen und Hagel peitschte die Insel von Freitagabend bis Samstagmorgen so richtig durch.

Das Unwetter brach just zur movida um 21 Uhr los, als die Stadt voll war. Bloß gut, dass niemand von umherfliegenden Ästen oder Kaminabdeckungen getroffen wurde. 

Kaminabdeckung vor unserer Tür.

Der Hagel ging nicht über der Altstadt nieder, wohl aber über den Ortsteilen Boscat und Fossalon. Dort wurden Obst- und Gemüsegärten sowie Weinreben beschädigt. 

Die guten Pfirsiche – in diesem Jahr schwer zu bekommen. (Foto vom Bürgermeister.)

Im Golf Club Grado riss der Sturm die Driving-Range auseinander.

Das nehme ich dem Unwetter persönlich übel. (Das mit den Weinreben auch.)

Auch die Straße zwischen Aquileia und Grado war von umgestürzten Ästen übersät: Am nächsten Morgen wurde der Verkehr für die Aufräumarbeiten »wechselweise angehalten«, wie es in der Poesie der Verkehrsnachrichten heißt – so einige Reisende werden am An- und Abreisesamstag vor Wut ins Lenkrad gebissen haben. Und unser armer neuer Bürgermeister musste erneut eine Krise managen.

Am Samstagabend stieg dann der Sommerkarneval, ein Spektakel der guten Art und inzwischen eine kleine Tradition. Das Friaul ist nämlich eine Karnevalshochburg, mehr als jede andere Region Italiens – die Stadt Venedig einmal ausgenommen –, und viele Gruppen schneidern und werkeln das ganze Jahr über an ihren Kostümen. 

Von hier oben geht’s einigermaßen.

Dass ich für solche Events, so toll sie auch gemacht sein mögen, nur aus sicherer Entfernung zu haben bin, wisst ihr ja inzwischen. Gebt mir eine schattige Ecke in einer Trattoria, einen Teller Pasta und einen kühlen Weißwein, und der ganze Zirkus (und die ganze Welt) kann gern tanzend und lärmend draußen vorbeiziehen.

Sonntag, 21. Juli

Am Strand traf ich den Besitzer meines Lieblingsweinguts. Im Collio hat es glücklicherweise nur geregnet, nicht gehagelt. Es waren heiße, feuchte Monate – der Jahrgang 2024 könnte ein Knaller werden. Okay, aber das sagen Winzer immer, oder?

Montag, 22. Juli

Nochmal zurück zum neuen Bürgermeister, mit dem man in den ersten Wochen seiner Amtszeit wirklich nicht tauschen wollte (Schiffsunglück, Brand im Schwimmbad, großflächiger stundenlanger Stromausfall in halb Grado, jetzt auch noch die Hagel- und Sturmschäden): Nun muss er die »Tari« erhöhen, und das betrifft alle Zweitwohnungsbesitzer in Grado. Die »Tari« ist eine dieser vielen italienischen Steuern, die irgendwie einen niedlichen Namen haben (mein Liebling: »Imu«, Gemeindesteuer), dahinter verbergen sich die Tariffe Rifiuti, also die Abfallgebühren. Die werden nun für private Haushalte um flotte 8 Prozent angehoben, weil es, so der Bürgermeister, wegen der vielen Umweltschutzauflagen wie beispielsweise der Mülltrennung nicht anders gehe. Die Opposition tobt, denn der Bürgermeister, so die Opposition, habe bislang zwei Beschlüsse gefasst – eine Erhöhung der Bezüge für sich und sein Team sowie die Tari-Erhöhung. Die Diätenerhöhung ist allerdings eine Direktive der Region, und auch die Mitglieder der Opposition hätten im Falle eines Wahlsiegs zugeschlagen, aber zugegeben: Gut sieht das nicht aus. Andererseits ist das ja das berühmte machiavellistische Prinzip: Ein Regent soll die Grausamkeiten sofort nach Amtsantritt und alle auf einmal begehen, die Wohltaten aber über die Zeit streuen. 

Dienstag, 22. Juli

Das war jetzt eine geballte Ladung Lokalpolitik, reden wir über die schönen Dinge des Lebens, nämlich dieses Buch. 

Denn hier kommt eine Leserstimme von Gudrun P. über die ich mich sehr gefreut habe. 
Lieber Stefan, ich bin gerade – wie sagt man heute so schön? – total »geflasht«. Vor ein paar Tagen kam das Buch bei uns an, und ich habe immer auf den richtigen Augenblick gewartet, um zum ersten Mal in Ruhe hineinzuschauen. Heute war es soweit: strahlender Sonnenschein, 30 Grad, ein Gläschen kühler Friulano auf der Terrasse. Das Buch ist ein Traum! Du hast dich, wenn das noch möglich ist, wieder selbst übertroffen! In den nächsten Tagen werde ich es Seite für Seite »inhalieren«.

Hier erfahrt ihr mehr über das Buch.

Mittwoch, 23. Juli

Wir sind immer noch geschockt vom Aus des örtlichen Fußballvereins. Aber nachdem vor drei Jahren das Trikot des FC Venezia für Aufsehen gesorgt hat (die ja gerade erneut den Aufstieg in die Serie A geschafft haben), ist es nun der Verein Latina Calcio in der dritten Liga, der mit einem Odysseus- und Circe-Thema für einen Ansturm auf den Fanshop sorgt.

Gefunden bei kicker.de.

Donnerstag, 24. Juli

Nach all dem Chaos und den vielen Stromausfällen hoffen wir, dass der Sommer ab jetzt in einigermaßen geordneten Bahnen verläuft, dass die Restaurants die Herde anwerfen können und dass die Nudeln fortan so heiß werden wie die Urlaubsflirts.

Ein letztes Fundstück aus dem Netz:

Gibt es in Supermärkten und auf der Webseite bud-power.com

Die beiden Enkel Bud Spencers haben Bohnen nach seinem Rezept rausgebracht. Sensationell!

Ich wünsche euch allen ein wunderbares Wochenende.

Endlich bin ich dazu gekommen, meine Bücherseite zu aktualisieren, schaut doch mal vorbei.

Auf Instagram findet ihr mich unter @buch_und_wein. In der Story poste ich jeden Tag eine Kleinigkeit aus Grado (oder von dort, wo ich gerade unterwegs bin).

Die Mediterrane Wochenschau von vorletzter Woche mit den explodierenden Wohnungspreisen lest ihr hier.

Die Mediterrane Wochenschau von letzter Woche mit dem großen Stromausfall lest ihr hier.

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Lesetermine
19. September: Westerwälder Literaturtage, Birkenhof-Brennerei, Nistertal
20. September: Bremen, Buchhandlung Lesumer Lesezeit
21. September: Osnabrück, Altstädter Bücherstuben
27. September: Klagenfurt, Buchhandlung Heyn – mit kulinarischer Begleitung

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