Verbotene Muscheln, ganz neuer Sport, Hummer im Sturm: Mediterrane Wochenschau CLVII

Hier kommt der einzige Newsletter, der drinnen nicht allein gelassen wird! Denn nach meinem Drinnensitz-Manifest von der letzten Woche habe ich zahlreiche Zuschriften von Leserinnen und Lesern bekommen, die in Restaurants ebenfalls viel lieber drinnen als draußen sitzen. Weitere genannte Punkte waren unter anderem »kein Zigarettenrauch« und »die Bedienung wird schneller auf dich aufmerksam«. Eine Leserin schrieb: »…ich bin eine begeisterte Drinnensitzerin, habe in meiner Familie aber leider keine Chance oder ka Leiberl, wie wir in Wien sagen.« Wieder einen schönen Ausdruck gelernt, danke dafür.

Was noch hinzukommt: Draußen sitzt man oft so eng beieinander, dass man, wenn man ehrlich ist, doch kein echtes, normales Gespräch mehr führt. Weil der Nebentisch zuhört, so wie wir ja auch selbst dem Nebentisch zuhören, ob wir wollen oder nicht; so sind wir Menschen eben.

Und wie es der Zufall wollte, aß ich letzte Woche dann doch mal wieder draußen, im Al Pescatore am Hafen, wo man zugegebenermaßen ja auch wirklich schön sitzt. Gerade als der Hummer kam, zog ein Gewitter mit ordentlichem Sturm auf. (Schaut euch den Himmel an!) Die Blitze verschonten uns, der Wind aber nicht.

Das wäre im Inneren nicht passiert! (Der Hummer war dennoch köstlich.)

Sonntag, 25. Juni

Das war ein Schreck: Am Hauptstrand (Höhe siebter Eingang) wurde ein drei Meter langer Delfin angeschwemmt. Leider war er schon ganz schön tot.

Und ich muss deswegen noch einmal auf das Krokodil in der Lagune hinweisen, eine der erstaunlichsten Geschichten, über die ich in 20 Jahren auf dieser Insel gestolpert bin.

Die obere Adria wirkt immer so flach und beschaulich, und man könnte glauben, dass sich dorthin nur ein paar Krebse und Seezungen verirren, aber vergessen wir nicht, dass es in Grado noch bis ins Jahr 1992 eine Fabrik für Thunfischkonserven gab, übrigens damals der größte Arbeitgeber der Insel – denn etwas weiter draußen tummeln sich Exemplare von zwei Metern Größe, und auch Delfine sind verbreitet. Die Zeitungen meldeten vor ein paar Tagen einen regelrechten Delfinbabyboom vor der kroatischen Küste. 

Montag, 26. Juni

Letzte Woche hatte ich euch von der Dame berichtet, die wollte, dass ich ihr ihren Strafzettel bezahle. Aber die merkwürdigste Anfrage hatte ich im Jahr 2020 bekommen: Ein Segler wollte mit seinen Freunden aus Lignano zum Mittagessen nach Grado kommen. Sie wollten (illegal) im Fischereihafen anlegen und fragten erstens, wie lange es wohl dauern würde, bis die Hafenpolizei darauf aufmerksam würde und zweitens, wie hoch im Fall des Erwischtwerdens die Strafe sei. Auch diesem Herrn konnte (und wollte) ich nicht weiterhelfen, aber er nahm meine Absage wenigstens mit Humor.

Dienstag, 27. Juni

Doch es gibt auch ganz bezaubernde Zuschriften und Nachrichten, etwa von Claudia P: »Sie beschreiben so schön schnörkellos die Italianità und vermitteln so herrlich simple Weisheiten, dass ich a) abwechselnd lache oder zustimmend nicke und mir b) auf Anhieb eine Handvoll Leute einfallen, denen ich den Band schenken möchte.«

Janette und Joachim waren zum ersten Mal in Grado und haben sich auf einem Stadtplan alle meine Tipps eingetragen. Wunderbar!

Und Bettina S. winkt mir vom Gardasee zu. Auch sehr schön dort!

Mittwoch, 28. Juni

Ihr Lieben, ich will es noch einmal wissen und bin jetzt Mitglied im Tennis Club Grado. Wie ihr an dem Formular seht, ist das nur der Antrag auf eine Mitgliedschaft, denn das Clubleben wird in ganz Italien noch sehr ernst genommen. Signorile, sagt man dazu.

Mein Antrag wurde daher erst einmal zwei Wochen draußen ans Schwarze Brett gehängt, damit bestehende Mitglieder gegebenenfalls ihr Veto einlegen durften, außerdem mussten zwei Bürgen mit ihrer Unterschrift unten links meine charakterliche Festigkeit bestätigen. (Warum ich mit dem Tennissport noch eine Rechnung offen habe, wisst ihr ja aus »Meine Bar in Italien« und vor allem aus »Laura, Leo, Luca und ich«.) 

Jetzt, nach zwei Wochen, darf ich verkünden, dass ich alle Hürden genommen habe und nun voll akzeptiertes Mitglied bin. Ihr werdet mich also öfter im Tennis Club Grado antreffen. Die Kosten der noblen Mitgliedschaft, fragt ihr euch? 80 Euro. Im Jahr. 

Donnerstag, 29. Juni

Grado hat ein Kriminalitätsproblem. Was ist es – Gewalt, Rauschgift, Vandalismus? Nein, Muscheln. Zwei Gradeser wurden angezeigt, weil die Hafenpolizei in ihrem Boot 75 Kilo Venusmuscheln gefunden hat, eine beachtliche Ausbeute. Bloß waren sie keine lizensierten Fischer und hätten nur für den Eigenbedarf – maximal 5 Kilo – auf Raubzug gehen dürfen. Die Muscheln wollten sie schwarz an Restaurants verkaufen. Nun müssen sie je 4000 Euro Strafe zahlen. Autsch.

Freitag, 30. Juni

Lasst die Feierlichkeiten beginnen, denn dieses Wochenende gehört den Gradesern: Der »Sabo Grando« (großer Samstag) und die Schiffsprozession nach Barbana am Sonntagmorgen sind die Höhepunkte des Sommers. Die Wettervorhersage ist zumindest für den Samstag nicht prickelnd, aber nach zwei, drei Gläsern Wein nimmt man ein paar Tropfen doch gar nicht mehr so richtig wahr. Dank einer Sondergenehmigung der Kommune darf bis drei Uhr nachts musiziert und gesungen werden.

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende!

»Meine Bar in Italien« könnt ihr in eurer Lieblingsbuchhandlung kaufen – oder gleich hier.

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Meine gesammelten Italien-Tipps (Venedig, Gardasee, Toskana, natürlich Grado, meine Lieblingshotels in ganz Italien…) stehen am Ende dieses Newsletters.

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