Miss Italia, Raureif und Regierungskrise: Mediterrane Wochenschau XXXV

Hier kommt der einzige Newsletter, der neuerdings mit Skiunterwäsche durch die Gegend läuft!

Montag, 11. Januar

Zuerst zum Wetter: eiskalt, trocken und sonnig – wunderbare Wintertage. Aber definitiv Mützenwetter, denn null Grad am Meer sind deutlich kälter als null Grad in den Bergen.

Teile der Lagune sind sogar zugefroren, und wir wissen ja noch aus der Schule: Es muss schon saukalt sein, wenn salzhaltiges Wasser gefriert. Und am Strand liegt am Morgen Raureif.

Der Raureif ist nicht gut zu erkennen, ihr müsst ihn mir einfach glauben.
Zugefroren: Einer der Teiche im GC Grado.

Das Wetter ist eine Wohltat nach den heftigen Regenfällen der letzten Woche. Ohnehin muss man sich im Mittelmeerraum daran gewöhnen, dass die Niederschlagsmenge eines ganzen Monats meistens an einem einzigen Tag vom Himmel fällt – und dann ist eine Weile Ruhe.

Dienstag, 12. Januar

Neues vom Schreibtisch: Ich bin stolz darauf, dass mir in meinen Romanen selten Fehler unterlaufen. Wenn, wie bei Kollegen passiert, schon im Mittelalter Kartoffeln gegessen oder in der Renaissance Entfernungen in Kilometern angegeben werden, dann tut das dem ganzen Buch weh. Aber kleinere Schnitzer sind nahezu unvermeidlich. Bei meinen historischen Venedig-Krimis hat es bis Band drei gedauert, bis mir eine Leserin einen Fehler nachgewiesen hat – ich ließ einen betrunkenen Venezianer in den Canal Grande reihern, und dabei fiel ihm der Dreispitz vom Kopf. Diese Hutform kam aber erst später in Mode. 

Bei meinem Bad-Kleinkirchheim-Krimi war ich stolz darauf, dass mir die österreichischen Kritikerinnen und Kritiker eine »hervorragende Ortskenntnis« beschieden. Und natürlich kann man als Deutscher schnell etwas falsch machen. Ein schlichtes Beispiel: ermittelnde Kriminalkommissare heißen in Österreich Inspektoren. Aber: Mir schien alles soweit geglückt zu sein.

Nun schrieb mir aber Leserin Steffi S., eine gebürtige Bad Kleinkirchheimerin: Der Sitz des Bürgermeisters sei in Bad Kleinkirchheim nicht das »Rathaus«, sondern die »Gemeinde«. Ist hiermit registriert. Und hätte ich auch wissen können, ich stand ja bei meinen Recherchen ein paar Mal direkt davor.

Die Gemeinde (genauer: »Kurgemeinde«) von Bad Kleinkirchheim.

Band 2 liegt übrigens schon beim Verlag und erscheint im September, und Band 3 habe ich soeben begonnen. (Wer nichts versäumen will: Hier geht’s zu Band 1.)

Mittwoch, 13. Januar

Gestern Abend war ich bei meinem Friseur, und normalerweise sind wir in zwanzig Minuten durch, denn ich trage seit Jahrzehnten dieselbe Frisur und stelle niemanden vor größere Probleme. Dieses Mal aber war ich erst nach anderthalb Stunden wieder draußen, denn es war wenig los, und der Friseur erzählte mir von seinem Leben, und um besonders wichtige Passagen zu unterstreichen (etwa, wie er mal in Grado die Miss-Italia-Wahl zu organisieren versucht hatte, die ihm dann von Lignano geklaut wurde), legte er Kamm und Schere beiseite, um die Hände zum Gestikulieren frei zu haben. Einmal sprach er davon, noch eine Telefonnummer einer Miss-Siegerin zu haben, und um es zu beweisen, ging er in die Abstellkammer, ich hörte ihn ein paar Minuten rumoren, und er kam mit einem alten Adressbuch wieder raus und zeigte mir den Eintrag.

Hier seht ihr den Raureif besser. Nicht, dass ihr glaubt, ich erzähle euch Unsinn. Es knirscht richtig, wenn man spazierengeht.

Donnerstag, 14. Januar

Die Regierung Conte wirkte doch allzu stabil und ist seit gestern Abend nach dem Rücktritt einiger Minister mal wieder in einer Krise. Giuseppe Conte ist der 29. Ministerpräsident in 70 Jahren – Europarekord. Möglich, dass es bald Neuwahlen und einen 30. Ministerpräsidenten gibt.

Immerhin gibt es noch ein instabileres Land: Bolivien. 1825 wurde der Staat von Spanien unabhängig, und seitdem herrschten dort, je nach Zählweise, zwischen 170 und fast 200 Regierungen – beinahe eine pro Jahr. Allein in den elf Jahren zwischen 1971 und 1982 kam es außerdem zu 200 Putschversuchen.

Freitag, 15. Januar

Heute Abend soll eine neue Kaltfront »aus Russland« (wie es in den italienischen Wetterberichten immer so dramatisch heißt) heranrücken. Die Temperaturen sollen erneut fallen. Ja, wohin denn noch? Aber das bedeutet ja nur, dass jetzt echtes Lesewetter herrscht, und ihr wisst schon, was ich damit sagen will. Das Brennholz liegt neben dem Kamin, die Weinvorräte sind soeben aufgefüllt.

Heute soll sich im Lauf des Tages entscheiden, wie es im Friaul weitergeht – bleiben wir gelb oder werden wir orange? Orange bedeutet vor allem, dass Bars und Restaurants, die bislang ja ohnehin nur bis 18 Uhr und nur wochentags geöffnet haben, wieder schließen müssen. Es beginnen dann also wieder Coffee-To-Go-Zeiten. Einzelheiten über die aktuellen Entwicklungen lest ihr wie immer auf dieser Seite.

Und am Montag stellt Premierminister Conte im Parlament die Vertrauensfrage (»voto di fiducia«). Bis dahin geht es also erst einmal weiter. Aber noch viel wichtiger ist ja, dass hier in Grado ebenfalls die Bürgermeisterwahlen anstehen, und zwar schon im Mai. Die Opposition formiert sich gerade. Sobald es Neuigkeiten gibt, bekommt ihr hier alle Details, Gerüchte, Klatsch und Hintergründe!

Die vorige Wochenschau, inklusive Erdbeben? Bitteschön.

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Die nächste Wochenschau erscheint pünktlich am 22. Januar. Bis dahin euch allen eine gute Zeit!

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