Hier kommt der einzige Newsletter, der problemlos wochenlang von Rotwein und Schokolade leben könnte!
Montag, 18. Januar
Ihr kennt mich: In meiner Mediterranen Wochenschau geht es um gute Laune. Politisch werde ich selten. Aber nun musste ich doch einmal dazwischenhauen, denn in der Golfwelt gab es am Wochenende einen veritablen Skandal: Der Modehersteller Ralph Lauren setzte seinen Superstar Justin Thomas, derzeit die Nummer drei der Welt, vor die Tür. Der Skandal drehte sich im Wesentlichen um die richtige und falsche Benutzung von Wörtern, und zufälligerweise halte ich mich auf diesem Gebiet für einen Experten.
Daher ist das Stück bestimmt auch etwas für all diejenigen von euch, die mit Golf so gar nichts anfangen können – hier entlang. (Der Basketballer Kobe Bryant kommt auch vor.)
Jedenfalls: Sollte ich es doch noch zum Profigolfer schaffen, ist es eher unwahrscheinlich, dass ich einen Sponsorenvertrag mit Ralph Lauren abschließen kann.
Dienstag, 19. Januar
Na, geht doch: Premierminister Conte entscheidet die Vertrauensfrage in beiden Häusern des Parlaments für sich und darf weiterregieren, wenn auch mit Mehrheiten, die so dünn sind wie venezianisches Karnevalsgebäck. Wird aus Italien etwa noch eine grundstabile, todlangweilige Demokratie? Wo sind sie nur geblieben, die Debatten, in denen man mit Fäusten aufeinander losging?
Andererseits: Das Thema ist noch längst nicht erledigt. Aber warum will ausgerechnet Matteo Renzi den parteilosen Conte stürzen, mit dem er eigentlich auf einer politischen Linie liegt? Die Beobachter sind sich einig: Es ist pure Eitelkeit. Einst galt ja Renzi als Hoffnungsträger, bis er sich spektakulär selbst aus dem Ministerpräsidenten-Amt katapultierte. Und nun wäre eben Renzi gern Kalif anstelle des Kalifen und spielt mitten in der Corona-Krise ein schmutziges Spielchen.

Mittwoch, 20. Januar
Wir alle tendieren dazu, die Geräte unserer täglichen Arbeit zu Fetischen zu verklären. Manche kleben sich Aufkleber auf ihre Laptops oder benutzen im Büro die immer gleiche Kaffeetasse. Und bei manchen ist der Arbeitstisch sauberer als das Hemd.
Und wir Schreiber? Wir haben ja nüscht! Außer unseren Stiften. Und seit einigen Monaten schreibe ich fast alles mit einem Füllfederhalter. Warum habe ich darauf bloß so lange verzichtet?
Es gibt viele Vorteile vom handschriftlichen Arbeiten – ich nenne mal vier: Erstens steht kein elektronisches Monstrum, dessen Wirkungsweise ich nie genau verstehen werde, zwischen mir und den Wörtern; sie fließen gewissermaßen ohne Umwege aufs Papier. Zweitens sind Füller und Notizblock gut zu transportieren, und ich kann mich damit in ein Café setzen, ohne Angst zu haben, ein verschütteter Kaffee könnte einen Zweitausend-Euro-Schaden anrichten – ein Malheur, das mindestens zweien meiner Kollegen schon mit ihrem Laptop passiert ist. Drittens baue ich schon wie von selbst eine Korrekturschleife ein, wenn ich die am Vormittag entstandenen Texte am Nachmittag abtippe. Viertens ist das Auffüllen des Füllfederhalters mit Tinte ein geradezu meditativer Prozess, der einen gleich in die richtige Stimmung zum Schreiben bringt.
Füllfederhalter haben aber auch den Nachteil, dass sie mit abgezogener Kappe vom Tisch rollen. Und das ist mir im Café passiert. Kein Drama? Doch, Riesendrama! Das Mistding wollte nicht mehr schreiben. Aber wir sind ja in Italien, und der Freund eines Freundes ist Füllfederhalterexperte und Repräsentant diverser Marken. Er nahm meinen Schatz über Weihnachten zu sich und gab ihn mir nun in voller Funktionsweise zurück. Kosten? Ach was, dafür doch nicht, sagte er. Irgendwann mal einen Kaffee. Italien halt. Oder muss ich ihm bald einen Gefallen tun, den ich nicht abschlagen kann?
Nächste Woche zeige ich euch meinen Schatz und dazu eine schicke Neuerwerbung, die bald eintreffen soll.

Donnerstag, 21. Januar
Ich lese gerade das sehr unterhaltsame Buch »The Miracle of Castel di Sangro«, das mir Leser K.T. empfohlen hat – dessen vollen Namen ich erst dann nenne, wenn er sein eigenes Manuskript fertiggestellt hat. In dem Buch geht es um den sensationellen Aufstieg des Kleinvereins von Castel di Sangro, einem schwer zugänglichen 5000-Einwohner-Dorf in den Abruzzen, in die zweite italienische Fußballliga. Das Wunder geschah 1996, und der Verein konnte die Klasse sogar ein weiteres Jahr halten. Geschrieben hat das Buch der US-Amerikaner Joe McGinniss, der erst vier Jahr zuvor begonnen hatte, sich überhaupt für Fußball zu interessieren, und dann alles stehen und liegen ließ (unter anderem einen Millionenvertrag für ein Buch über den O.J.-Simpson-Prozess), in das Bergdorf zog und den Verein über viele Monate begleitete. Eine sehr lustige Stelle in dem Buch ist folgende: Italiener betrachten, so McGinniss, ein Telefongespräch wie einen Wettstreit – wer am Ende des Telefonats mehr »ciaos« unterbringt, hat gewonnen (»ciaociaociaociaociao!«). Bonuspunkt: Das letzte »ciao« muss zeitgleich mit dem Drücken der Aus-Taste erfolgen.

Meine Frau, habe ich nun beobachtet (beziehungsweise belauscht), benutzt tatsächlich immer fünf »ciao«. Und daher wünsche ich euch mit einem schmissigen ciaociaociaociaociao ein wunderbares Wochenende!
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Die nächste Mediterrane Wochenschau erscheint am 29. Januar, genießt die Zeit bis dahin.
Zur vorherigen Ausgabe der Wochenschau (Erdbeben! Miss Italia!) geht es hier entlang.
Mehr Lesestoff gibt es wie immer auf der Startseite oder hier.
PS: Ich weiß gar nicht, was da los ist, aber mein Text »Marco Polo und der erste Bestseller der Geschichte« wurde in den letzten Wochen ein paar tausend Mal angeklickt – läuft da irgendwo ein großflächiges Schulprojekt? Ich habe ihn jedenfalls noch einmal verlinkt.
[…] Zur vorigen Wochenschau und dem typisch italienischen Wettstreit, wer mehr und schneller »Ciao« sagen kann? Hier entlang. […]
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