Hier kommt der einzige Newsletter, der euch bestimmt nicht euer Rubbellos klaut! Denn ganz Italien redet über einen völlig bizarren Diebstahl, der in seinem Klamauk aus einem Adriano-Celentano-Film stammen könnte.
Was ist geschehen? Eine ältere Dame kauft sich in einem Kiosk in Neapel ein Rubbellos (Italiener sind große Rubbler, wie ich ja schon mehrfach berichtet habe) und kann ihr Glück nicht fassen: Sie errubbelt sich tatsächlich den Hauptgewinn von 500.000 Euro! Aufgeregt zeigt sie dem Kioskbesitzer das Los, um sicher zu gehen. Der druckst herum – und läuft dann mit dem Gewinnschein aus dem Laden, schwingt sich auf seine Vespa und rast auf und davon!
Unfassbar, dass er glaubte, mit dieser Nummer davonzukommen. Am Flughafen (er wollte auf Nimmerwiedersehen nach Fuerteventura verschwinden) wird er geschnappt, sitzt derzeit in Haft und hat einen langen Entschuldigungsbrief verfasst.
Montag, 6. September
Glamour! Filmstars! Freie Getränke! Aber bevor es zum Filmfestival nach Venedig geht, müssen wir noch kurz über Grado reden.
Denn so voll habe ich die Insel in 20 Jahren noch nie erlebt. Selbst jetzt, in der zweiten Septemberwoche, sind die Hotels ausgebucht, und vor den Restaurants bilden sich Schlangen – selbst vor denen, die sonst leer sind und wo der Wirt normalerweise, mit den Ellbogen auf die Theke gestützt, ein Kreuzworträtsel löst. Nein, zum Rätseln kommt in diesem Sommer niemand.
Für diesen Italien-Ansturm (auch aus anderen italienischen Ferienorten wird Ähnliches berichtet) gibt es natürlich Gründe. Als erstes ist die Südsehnsucht nach dem Katastrophenjahr 2020 groß. Davon hat ja auch schon mein Buch profitiert.
Zweitens war das Wetter in Deutschland und Österreich von Mai bis Mitte August größtenteils katastrophal. All jene, die eigentlich daheim bleiben und an der Nordsee oder an den bayerischen Seen urlauben wollten, hatten spätestens nach der vierten Regenwoche genug und buchten ihre Reise in den Süden. Nichts gegen die Nordsee (ich bin selbst ein großer Föhr-Fan) oder Bayern. Aber zwei Wochen Regen am Stück, gepaart mit Temperaturen von 12 Grad, drücken auch aufs optimistischste Gemüt.
In Italien dagegen hatten wir seit Anfang Juni das, was Meteorologen als »stabile Hochdrucklage« bezeichnen, wir hingegen als »Traumsommer«.
Drittens gab es eine Art Impfverzögerung: Viele wollten erst reisen, wenn sie doppelt geimpft waren. Und viele waren das im Mai oder Juni noch nicht, im Sommer aber schon.
Und als Letztes: Italien als unkompliziert zu erreichendes Nahziel schöpft natürlich von all jenen Ländern ab, die nur mit dem Flugzeug zu erreichen sind (Flugreisen sind derzeit ein elendes Generve). Exotische Ziele haben generell etwas an Reiz verloren. Wer will schon, wenn der Virus doch wieder zuschlägt, über Wochen und Monate auf einem fernen Kontinent festhängen oder eine eventuelle Erkrankung in einem Krankenhaus verbringen, in dem die Klimaanlage aus Palmwedeln besteht?
Dienstag, 7. September
Jetzt aber zu Venedig: Dieses Mal ging es zum Schlafen nicht in eines der glamourösen Hotels, sondern ins Ponte Chiodo, einem kleinen Bed & Breakfast, das einem Schulfreund meines Schwagers gehört. Mattia hat den Palazzo geerbt und hätte alles Mögliche draus machen können. Er hätte ihn zum Beispiel verkaufen und den Rest seines Lebens Geld zählen können. Aber er hatte den Traum eines kleinen, bezahlbaren Guesthouses. Die Zimmerpreise gehen bei 60 Euro los, gefrühstückt wird im kleinen Garten. Dazu kommt die ruhige, zugleich zentrale Lage – besser geht’s nicht.
Und ich Depp schrieb vor zehn Jahren, als das Ponte Chiodo eröffnete, einen großen Artikel für eine große deutsche Zeitschrift. Und seitdem ist das Hotel komplett ausgebucht, seit zehn Jahren bekomme ich dort kein Zimmer mehr. Kann man mal sehen, was Print bewirkt. Auch hier auf meinem Blog habe ich schon ein paar Mal über das Ponte Chiodo berichtet – war ja auch schon egal.

Einmal pro Jahr schreibe ich Mattia an, ob er vielleicht ein Zimmer für mich hat, es ist fast ein Ritual geworden. Jedes Mal sagt er ab, aber dieses Mal konnte ich tatsächlich bei ihm unterschlüpfen, mit Balkonblick auf den Rio della Misericordia, eine Art venezianisches Ausgehviertel, touristisch noch halbwegs unberührt. (Dort liegt auch mein Lieblingsrestaurant Da Rioba.)

Aber dieses Mal geht es ja nicht um Venedig-Tipps (die lest ihr alle hier, übrigens für jeden Geldbeutel), sondern um die Filmfestspiele. Ich war auf der traditionellen Eröffnungsparty im Hotel Danieli eingeladen, veranstaltet vom Hollywood-Fachblatt Variety, und weil Kulturschaffende abergläubischer sind als ein neapolitanisches Altstadtviertel und ein Erscheinen auf der Eröffnungsparty Glück bringen soll, waren alle da.
Jetzt machen wir es wie bei Bunte und Gala: Hier kommen schöne Fotos!





Mittwoch, 8. September
Als ich meine Fotos von Venedig gesehen habe, buchte ich in Grado gleich einen Termin bei Cesare, meinem Friseur, der die Schere aber mal so richtig ansetzte. Jetzt sehe ich wieder aus wie ein Investmentbanker. Es gibt bei meinem Haar einfach keinen Mittelweg: entweder etwas wirr wirkender Künstler-Zausel oder aalglatter Wallstreet-Broker. Die nächsten Tage bleibe ich jedenfalls daheim.
Donnerstag, 9. September
Und wo wir gerade so schön fotolastig sind: Hier noch ein paar Bilder meines Buches.






Im Uhrzeigersinn: Andreas S., Silvia und Rainer H., Wolfgang S., nochmal Silvia und Rainer H., Martina T. Danke euch allen!
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Jetzt aber: Ich wünsche euch allen ein wunderbares Wochenende! Und falls ihr einen Friseurtermin habt: Sagt ihm, er soll nicht alles abschneiden.
Zur vorigen Wochenschau mit dem Diebstahl, der ganz Grado aufregt (nein, es handelt sich nicht um ein Rubbellos), geht es hier entlang.
Aktuelle Reisehinweise und die allgemeine Lage in Italien? Bitteschön.
Was, ihr habt das »Italien-Prinzip« noch nicht? Schnell hier entlang!
Die nächste Mediterrane Wochenschau erscheint pünktlich am kommenden Freitag.
Und jetzt kaufe ich mir erstmal ein Rubbellos.