Auf fremdem Terrain und vor dem hässlichsten Haus: Mediterrane Wochenschau LXXXIV

Hier kommt der einzige Newsletter, der schon die Hälfte des Dry January geschafft hat! Mal echt, Leute: Ein paar Wochen mag es ja gehen – aber wie kann man bloß dauerhaft ohne Wein überleben?

Neuigkeiten über die Virensituation in Italien stehen wie immer hier. In Kurzform: Wir haben jede Menge Infektionen, aber viel weniger ernste Verläufe als noch in den ersten Wellen. Für geimpfte Touristen gibt es keine Einschränkungen; Hotels, Restaurants und Museen sind geöffnet.

Und der letzte Newsletter hat ja ordentlich für Aufsehen gesorgt – nicht, weil ich eine ORF-Komödie über Grado zerrissen habe, sondern weil ich über das bestmögliche Bolognese-Rezept geschrieben habe. Mehr Kommentare und Mails habe ich nie bekommen. Viele Hobby- und Profiköche haben mir ihre Varianten und Geheimtipps geschickt. Ich warte noch bis zum nächsten Newsletter ab und stelle dann die interessanten Reaktionen für euch zusammen. Jetzt aber rein in die aktuelle Woche!

Montag, 10. Januar

Michael R. aus Wels fragt, was es eigentlich mit diesem bizarren Haus in Grado neben dem Hotel Savoy auf sich hat. Und weil er nicht der erste Leser ist, der mir diese Frage stellt, kommt hier die Antwort.

Die Villa Ostende in ihrer ganzen Scheußlichkeit.
Sie schafft es, von jeder Seite noch ein bisschen mieser auszusehen.

Die Villa Ostende wurde 1988 gebaut, und haltet euch fest: Das sollte tatsächlich einmal eine Seniorenresidenz werden. Keine Fenster, nur Beton – da kann man es doch gar nicht erwarten, endlich alt und gebrechlich zu werden! 

Aber dann hat man festgestellt, dass das Gebäude nicht nur von außen, sondern auch von innen so bescheuert geplant ist, dass eine vernünftige Seniorenbetreuung gar nicht möglich wäre. Es wäre billiger gewesen, allen Senioren eine Luxussuite im Hotel nebenan anzumieten.

Danach sollten Alkoholiker auf Entzug dort unterkommen, aber beim Anblick des Gebäudes hätten sie wahrscheinlich sofort wieder mit dem Saufen angefangen.

Das Haus hatte nie irgendeine Funktion, es steht seit jeher leer. Es gehört der Provinz Udine und kostet den Steuerzahler allein an Grundsteuer 13.000 Euro pro Jahr. Das Architekturbüro ist noch heute stolz auf den Bau und wirbt damit auf seiner Webseite. Klar, die Villa Ostende hat eine gewisse Ästhetik. Jedenfalls dann, wenn Potthässlichkeit eine ästhetische Kategorie wäre.

Klar ist auch, dass jemand, der aus dem Land des Berliner Flughafendesasters kommt, wahrscheinlich lieber die Klappe halten sollte, aber wir sind ja hier unter uns. Und es ist wohl ein Unterschied, ob man sich wenigstens dafür schämt oder auch noch damit prahlt.

Derzeit wird geplant, daraus ein Parkhaus zu machen, was wahrscheinlich das Zweitvernünftigste wäre – nach einer Sprengung.

Zusammenhangloses Bild für die innere Hygiene: Der winterliche Strand von Grado.

Dienstag, 11. Januar

Vor ein paar Wochenschauen habe ich mich ja darüber mokiert, dass unser neuer Priester Don Paolo heißt, was doch arg weltlich klingt. Seine Vorgänger hießen Don Armando und Don Nadir, was schon deutlich glamouröser wirkt. Kirchenleute brauchen einfach wohlklingende Vornamen (Don Camillo! Don Arcangelo!) Aber Don Paolos Nachname macht einiges wett, denn er heißt Don Paolo Nutarelli. Das klingt gleich auf mehreren Ebenen gut, und er macht mit seinem Nachnamen wett, was sein Vorname an Verve und Eleganz vermissen lässt. Und wenn ihr auf Facebook seid, dann schaut euch mal seine Seite an – als Profilbild hat er Spiderman!

Mittwoch, 12. Januar

Und wo wir schon beim Sprachempfinden sind: Vor einigen Wochenschauen erwähnte ich das schöne österreichische Wort schiach und übersetzte es mit schäbig (zugegeben, auch wegen der Alliteration).

Mein österreichischer Brieffreund Herbert M. schrieb mir nun, dass hässlich die bessere hochdeutsche Entsprechung sei. Aber da bin ich mir nicht so sicher. Ich kenne nette Österreicher, die schiach eher im Sinne von abgewrackt oder verkommen benutzen, also zwar hässlich, aber zugleich auch runtergerockt. Schäbig halt. Österreicher dieser Welt: Wie seht ihr das? 

Donnerstag, 13. Januar

Die letzten zwei Tage war ich auf ganz fremdem Terrain. Nämlich auf einer Skipiste. Nach zehn Jahren habe ich mich mal wieder getraut. Es war ein Traum: kein Schwein unterwegs, perfekter Schnee, Sonne. Was für ein großartiges, seltenes Privileg, außerhalb der Ferienzeiten urlauben zu können!

Mit abgeschnallten Skiern könnte man mich für einen Skifahrer halten.

Aber ganz unter uns: Nach gerade mal zwei Pisten sind meine Oberschenkel explodiert. Ich war total platt, und meine Beine tun mir immer noch weh. Es war richtig peinlich, wie schnell ich kaputt war. Ich sah aus wie die Villa Ostende.

Dabei bin ich ja durchaus sportlich, gehe mindestens fünf Mal pro Woche zwei Stunden am Strand spazieren und bin drei Mal pro Woche im Fitnessstudio. Aber Skifahren – vor allem mit meiner hausgemachten Technik – ist doch noch mal was ganz anderes.

Ich brauche Tipps von euch: Was trainiert mich fürs nächste Mal am besten? Kniebeugen? Treppensteigen? Was ganz anderes? 

Der Skilehrer empfahl mir Inline-Skates für den Sommer, aber ich will mir ja noch ein wenig Würde bewahren. Schreibt mir, welche Alternativen es gibt!

Zitat der Woche (nicht ganz unpassend zu meinen Skikünsten):

»Ich konnte die Bremsen nicht reparieren, deswegen habe ich die Hupe lauter gemacht.«  
– Unbekannt 

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Ihr seid scharf auf Abenteuer in den Bergen? Bitteschön.

Oder plant ihr euren Italienurlaub? Dieses Buch hilft dabei.

Euch allen ein schönes Wochenende! Die nächste »Mediterrane Wochenschau« erscheint am 21. Januar.