Hier kommt der einzige Newsletter, der sich beinahe selbst gelöscht hätte! (Mehr dazu im Mittwochseintrag.)
Das Wichtigste zuerst: Nächstes Wochenende könnt ihr endlich wieder auf die Tanzfläche. Denn ab dem 10. Februar sperren die italienischen Diskotheken wieder auf. Nein, das ist natürlich nicht die wichtigste Nachricht, sondern diese hier: Ab dem 10. Februar fällt auch die wirklich lästige (und umstrittene) Maskenpflicht im Freien. Weitere Neuerungen stehen wie immer hier.
Ich mag es übrigens, wie völlig unironisch die italienischen Medien immer von Diskotheken sprechen, als wären wir noch im Jahr 1977 – so richtige Diskotheken mit Glitzerkugel und zentraler Tanzfläche gibt es doch gar nicht mehr, oder? Das sind jetzt alles Clubs und Lounges.
Montag, 31. Januar
Ich musste für ein paar Tage nach Niedersachsen. Und falls ihr euch fragt, was norddeutsche Tiefebene wirklich bedeutet: Hier ist die Aussichtsbank in meinem Heimatort.

Wenn es wenigstens Spargelfelder wären! Dann wäre die Landschaft leicht hügelig.
Dienstag, 1. Februar
Aber Humor haben wir im Norden: Im Supermarkt steht der Wein neben der Babynahrung.

Wohl zur Beruhigung der jungen Mütter und Väter. (Dabei wäre dieses Buch doch viel besser geeignet!)
Es bleibt übrigens dabei: Meine Mutter macht die besten Bratkartoffeln der Welt. Ich muss zwar immer die Augen schließen, wenn sie mit ihren dubiosen Gewürzmischungen um die Ecke kommt, aber egal.
Mittwoch, 2. Februar
Mein Herz! Heute bekam ich eine Mail einer großen (einer richtig großen) Produktionsfirma, mit der ich auch schon entfernt zu tun hatte, denn vor ein paar Monaten hatten sie Interesse gezeigt, meine Krimireihe zu verfilmen. Was natürlich großartig wäre. Die Mail besagte so ungefähr: »Unter diesem Link finden Sie den Vertrag für Ihr Projekt«, und ich konnte mein Glück kaum fassen. Die Mail war unterzeichnet mit dem Namen des Produzenten. Toll, toll, toll!
Dann wurde ich skeptisch. Würde man mir wirklich so unromantisch einen Vertragslink für so ein großes Projekt zuschicken, ohne mich vorher anzurufen oder wenigstens dazuzuschreiben »Herzlichen Glückwunsch!« oder so ähnlich?
Ach was, winkte ich im Geiste ab. So läuft das halt heutzutage, diese Produzenten haben ja auch viel zu tun. Ich Pessimist kann mir von meinen Bedenken doch nicht die Zukunft verbauen lassen!
Also klickte ich den Link an.
Und dann verfärbte sich mein Bildschirm rot vor Wut. Alle Alarmsirenen heulten auf, und ich wurde gewarnt, bloß nicht weiterzumachen, denn dahinter verbarg sich höchstwahrscheinlich eine schlimme Phishing-Mail, die meinen Computer kapern würde.
Oh, verdammt. Aber konnte das sein? Die Mail war, wie gesagt, namentlich unterzeichnet, enthielt auch alle korrekten Firmendaten und war nicht wie sonstige Spam- und Phishing-Mails mit Rechtschreibfehlern gespickt. (Fun Fact: All diese Mails von nigerianischen Prinzen, die euch 35 Millionen Euro aufs Konto überweisen wollen, sind absichtlich voller Rechtschreibfehler, um von vornherein die intelligenten Leute, mit denen die Gauner nicht ihre Zeit verschwenden wollen, auszusieben.)
Also rief ich bei der Produktionsfirma an, auch auf die Gefahr hin, wie ein Trottel zu wirken, der nicht weiß, wie man ein Vertragsdokument runterlädt. Ich kam nur bis zur Sekretärin, die mich gar nicht ausreden ließ: »Ja, wir wurden gehackt, bitte alles löschen!«
Das war ziemlich deprimierend.
Und gerade als die Wolken der Düsternis so richtig aufzuziehen begannen, rief Adriano an. Ein gutes altes Telefonat! Adriano ist ein italienischer Verleger, der das Italien-Prinzip übersetzen will. Aber er hatte sich lange nicht gemeldet. Jetzt sagte er, dass er eine Übersetzerin gefunden hat, und bis Mai will er alles soweit fertig haben.
Es wird! Ich komme auf Italienisch raus! Versprochen: Das Fest wird legendär werden.
Donnerstag, 3. Februar
Wir sind voll im San-Remo-Modus, denn das San-Remo-Festival ist das, was in Deutschland einst »Wetten, dass…?« war – das Lagerfeuer der Nation mit Fabelquoten. Das Festival, bei dem viel gesungen wird, zieht sich über fünf Abende, jeder Prominente hält mal sein Gesicht in die Kamera, und die knappe Abendgarderobe der Moderatorinnen, die in den Pausen gewechselt wird, ist schon Wochen vorher Gesprächsthema.
Aus dem Festival kommen die neuen Gesangsstars des Landes hervor. So ist auch Eros Ramazotti groß geworden: Er gewann im Jahr 1984, hier ist das Video dazu. Mehr Achtzigerjahre wird es heute nicht mehr. Und den Ohrwurm werdet ihr heute nicht mehr los.
Hauptmoderator ist schon im zweiten Jahr ein Mann mit dem wahnsinnig prätentiösen Künstlernamen Amadeus, der sich dadurch auszeichnet, dass er weder besonders lustig noch besonders schlagfertig oder charmant ist, sondern einfach alles wegmoderiert, was man ihm vor die Nase stellt.

Die Abendgarderobe der sich abwechselnden Co-Moderatorinnen wird übrigens deutlich züchtiger, denn die politische Korrektheit hat auch San Remo erreicht. Im letzten Jahr musste sich Amadeus entschuldigen, weil er bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Festivals eine seiner Co-Moderatorinnen als »sexy« bezeichnet hatte.
Vorbei sind die Zeiten, als Co-Moderatorin Belén Rodriguez 2012 stolz ihr Schmetterlingstattoo in die Kamera hielt, das sich auf der Innenseite ihrer Schenkel und höchstens zwei Haaresbreiten von ihrem Intimbereich befindet. Ja, das Kleid war tatsächlich so geschnitten, dass ihr das gelang.

Die meisten Italiener sitzen mit ausgedruckten Tabellen und Bleistift vorm Fernseher und spielen »FantaSanremo«, das so ähnlich funktioniert wie ein Fußball-Tippspiel unter Freunden: Jeder muss sich fünf Sängerinnen und Sänger heraussuchen, und es gibt Punkte für ihre Platzierungen im Endklassement. Aber es gibt auch jede Menge Bonuspunkte für ihr Verhalten: Wer den Moderator abklatscht, bekommt 10 Bonuspunkte. Hemd vom Leib reißen: 20 Bonuspunkte. Verhaspelt beim Singen: Punktabzug. Wer live auf der Bühne flucht, bekommt 66,6 Punkt abgezogen. Wer die Showtreppe hinabstürzt (ist vor zwei Jahren tatsächlich Al Bano passiert), wird bestraft, wer live auf der Bühne verhaftet wird, bekommt 50 Punkte. Die Liste ist ist beinahe endlos. Das Lustige ist, dass die Interpreten um das Spiel wissen und alle möglichen Extras einbauen, die Punkte einbringen – sehr zur Freude der Fans vor dem Bildschirm. Die meisten Punkte (1000) gibt es übrigens für denjenigen, der auf der Bühne stirbt – soweit geht dann doch keiner. Aber das Festival dauert ja noch bis Samstag.
Und damit hier alle was lernen: San Remo heißt auf Italienisch Sanremo.
Freitag, 4. Februar
Doch noch ein Nachtrag zu Amadeus. Gestern Abend hat er die Namen der Opfer der unfassbar schrecklichen Attentate auf die Mafia-Jäger Paolo Borsellino und Giovanni Falcone vor 30 Jahren vorgelesen und dem Mafia-Insider Roberto Saviano eine Bühne gegeben, der zum Widerstand gegen die Organisierte Kriminalität aufrief. Respekt.
Irre Geschichte: Beim Attentat auf Giovanni Falcone am 23. Mai 1992 haben die Mafiosi ein ganzes Autobahnteilstück in die Luft gejagt. Den Sprengstoff dazu lieferte ein Fischer, der das TNT aus Weltkriegsbomben extrahierte, die er aus dem Meer gefischt hatte. Kannste dir nicht ausdenken.
Und weil wir so nicht aufhören können, kommt hier noch ein Bild der Aussichtsbank meines niedersächsischen Heimatorts bei Sonnenschein.

Jetzt bin ich gar nicht mehr dazu gekommen, vom Ärztekongress in Grado zu berichten, dabei hat mir eine Leserin historische Fotos und spannende Details zur Entstehungsgeschichte geschickt. Nächste Woche!
Außerdem sammle ich fleißig alle Neuigkeiten in Grado 2022; mal sehen, ob ich bis nächste Woche schon was präsentieren kann.
Zur vorigen Wochenschau geht es hier entlang. Zurück zur Startseite? Ecco.
Die nächste »Mediterrane Wochenschau« erscheint wie immer am kommenden Freitag.
Ich wünsche euch allen ein wunderbares Wochenende!