Bei uns in Italien ist bereits die dritte Woche angebrochen: Wir haben also schon reichlich Erfahrung mit der Ausgangssperre gesammelt. Hier kommen meine Ratschläge, wie ihr das Beste daraus macht – garantiert ohne medizinische Belehrungen.
Denkt an Schokolade.
Nudeln und Klopapier haben jetzt wohl alle eingekauft. Was unterschätzt wird, ist Schokolade. Mit dem Süßigkeitenvorrat sind wir als Erstes auf Grund gelaufen, während Reis und Nudeln wahrscheinlich bis zur nächsten totalen Sonnenfinsternis reichen. Wenn ihr also das nächste Mal einkaufen geht, wisst ihr, welches Regal ihr ansteuern solltet. Was uns gleich zum nächsten Punkt bringt:
Vergesst Diäten.
Seid nicht zu streng mit euch. Es sind schwierige Zeiten. Genießt sie, so gut es eben geht. Fangt jetzt bloß nicht an, Kalorien zu zählen. Diäten oder größere Ernährungsumstellungen können warten. Lasst es euch schmecken! Bei uns gab es gestern Abend Tortellini mit Sahne und Kochschinken – in Italien als Gericht so uncool wie Pizza Hawaii und Socken in der Sandale, und über den Kaloriengehalt will ich gar nicht nachdenken. Aber was soll’s? Wohlfühlessen & Nervennahrung sind angesagt!
Geht raus, solange es geht.
Spaziert, so lange es noch erlaubt ist. Natürlich nicht in Gruppen und bitte auch in möglichst abgeschiedenen Gebieten. Nutzt es aus! Hier in Italien ist die Regelung von Provinz zu Provinz unterschiedlich; Spaziergänge, nur um mal frische Luft zu schnappen, sind inzwischen verboten. Wer einen Hund hat (so wie wir), ist fein raus – Herrchen und Frauchen dürfen. Unser Hund ist ein echter Krisen-Gewinner! Allerdings gilt in einigen Regionen bereits ein 200-Meter-Radius fürs Gassigehen. Au weia!
Krisenmodus: Cocktailminze auf dem Balkon züchten.
Seid kreativ.
Die meisten von uns haben jetzt mehr Zeit – entweder, weil der Weg zum Arbeitsplatz wegfällt oder weil die Arbeit komplett eingestellt ist. Aber man kann nicht den ganzen Tag im Schlafanzug auf der Couch hocken und Netflix inhalieren. Also, man kann es schon (ich habe es durchaus versucht), aber glaubt mir: Nach zwei, drei Tagen verliert das seinen Reiz. Es ist wichtig, sich was Vernünftiges vorzunehmen: eine Sprache lernen, neue Bücher entdecken (Tipps, für die ich viel Lob bekommen habe, stehen hier), den Balkon bepflanzen oder ein Gemüsebeet anlegen. Das Internet ist diesbezüglich ein Segen, es gibt Sprachkurse, Malkurse und Anleitungen zum Bau eines Hühnerstalls. Tipp im Tipp: Und schaut nur einmal pro Tag auf den Nachrichtenseiten vorbei, das ist gut für die innere Hygiene.
Alle an den Herd.
Das gemeinsame Kochen ist eine feine Sache. Ihr werdet sehen: Es gibt kaum etwas Besseres für den Binnenfrieden. Und alle Beteiligten lernen was fürs Leben. Im Internet gibt es ja auch viele, viele Koch- und Backkurse. Es ist nur ein kleiner Triumph, aber meine jüngste Tochter macht sich jetzt, nachdem sie ein paar Mal interessiert zugeschaut hat, jeden Morgen das Rührei selbst. Wer weiß – vielleicht macht sie morgen auch für mich eine Portion?
Die Gäste kommen nicht. Aber man kann ja so tun als ob.
Macht euch einen Plan.
Ich habe mir für meine »freie« Zeit einen rigiden Stundenplan vorgenommen und präzise Zeitfenster angelegt. Sonst kommt man ins Schlingern und landet doch wieder bei den Hobby-Virologen von Facebook oder auf der Sudoku-App. Wobei auch der folgende Tipp gilt:
Seid nicht zu ehrgeizig.
Am Anfang unserer Sperrzeit habe ich mir üppige Sportprogramme aus dem Internet geladen und war entschlossen, täglich zu trainieren. Aber wir wissen es alle: Sport daheim ist eine fade, freudlose Sache und funktioniert bei den Wenigsten. Nichts gegen ein paar Liegestütze oder Hampelmänner, aber überschätzt euch nicht, dann ist der Frust am Ende nur umso größer. Ich versuche mich derzeit am berühmten 7-Minuten-Workout (findet ihr überall kostenlos im Netz): anstrengend, aber eben auch schnell vorbei. Update: Boah, das 7-Minuten-Workout ist viel zu heftig. Ich hab nochmal gegoogelt und schamvoll den Zusatz »over 40« in die Suchmaske eingegeben. Jetzt habe ich ein machbareres Programm gefunden.
Entdeckt die Freuden der Siesta.
Ein Mittagsschläfchen ist besser als jede Art der Meditation. Falls ihr eure Zeit frei einteilen könnt: Genießt das kurze Abschalten nach dem Essen. Viele Studien haben den Nutzen einer Siesta für die Gesundheit eindeutig nachgewiesen, und auch große Geister wie Einstein und Churchill waren Siesta-Anhänger.
Streckt die Fühler aus.
Das ist der wichtigste Tipp. Niemand soll in diesen Tagen allein sein. Telefoniert, mailt – und funkt gerade diejenigen an, die jetzt besonders einsam sind und die im bisherigen Alltag zu kurz gekommen sind. Eltern, Großeltern, Onkel und Tante, aber auch Freunde und Verwandte, von denen man lange nichts gehört hat, freuen sich über eine kurze Nachricht. Unsere WhatsApp-Gruppen glühen jedenfalls. Auch so bekommt ihr die bleierne Zeit schneller rum.
Sagt danke.
Apotheker und Krankenschwestern, Ärzte und Polizisten, Straßenreiniger und Müllabfuhr – ja, die auch. Aber für mich sind die echten Heldinnen die Kassiererinnen im Supermarkt, die nach jedem Einkauf ein Dankeschön bekommen sollten. Sie arbeiten an vorderster Front, ohne professionell auf so eine Situation vorbereitet zu sein, und auch Masken und Desinfektionsmittel müssen sie sich selbst kaufen. Ich habe mir geschworen, jeder von ihnen einen großen Blumenstrauß zu schenken. Nicht, weil ich so ein feiner Mensch bin. Sondern weil sie es verdient haben.
Ich muss bloß warten, bis die Blumenläden wieder öffnen.
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Über unser tägliches Leben im Krisenmodus führe ich hier ein Tagebuch.
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