Mediterrane Wochenschau, Folge IV: Ab ins Meer ohne Maske (versprochen)

Hier kommt der Wochenrückblick, der ganz ohne Plexiglasabtrennungen auskommt!

Samstag, 23. Mai

Heute erwarten wir den ersten großen Strand-Ansturm in Grado. Natürlich nur von Leuten aus der Region, denn regionenübergreifende Reisen sind ja erst in zwei Wochen erlaubt.

Und ich schmücke derweil die Wochenendbeilagen dieser Republik:

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Immer schön, wenn die Braunschweiger Zeitung was bringt – das wärmt Muttis Herz!

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Vor der Kulisse Venedigs wirken wir alle wie The Great Gatsby. Online hier.

Sonntag, 24. Mai

Kaum zu glauben, aber ich habe endlich einen Ausdauersport gefunden, der mir einigermaßen gefällt: Radeln. Bei meinem Kumpel Achim habe ich mich nach einem vernünftigen Tourenrad erkundigt, um die Radwege von Grado auf und ab zu düsen. Allzu anstrengend soll es ja nun auch nicht werden. Dann habe ich erfahren, dass Tourenräder jetzt Gravel Bikes heißen. Okay, der Mensch ist lernfähig. Und während die Tourenräder meiner Generation noch mit Satteltaschen und Rückspiegel ausgestattet waren, werden Gravel Bikes offenbar in unterirdischen Elfenfabriken aus Titan und valyrischem Stahl zusammengezaubert.

Nach meiner Vorstellung sehen Fahrräder zum Herumgondeln etwa so aus:

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In Wirklichkeit sehen sie inzwischen so aus:

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Jedenfalls gibt es in und um Grado schöne Radwege, etwa zur Isola della Cona, dem berühmten Vogelschutzgebiet. Und ihr werdet es kaum glauben: Auch in Venedig ist Radurlaub möglich. Natürlich nicht rund um den Markusplatz, aber zum Beispiel auf der zauberhaften Isola Sant’Erasmo. Aber so weit bin ich mental noch nicht, dass ich mit geschultertem Rad ein Vaporetto betrete. Fun Fact: Im historischen Zentrum Venedigs ist nicht nur das Radfahren verboten, sondern auch das bloße Mitführen eines Rades. Ausnahme ist der Anleger der Linie 13, die vom Norden Cannaregios aus Sant’Erasmo anfährt.

Montag, 25. Mai

Die Bilanz des ersten touristischen Wochenendes in Grado: Die Cafés und Restaurants waren gut gefüllt, das Wetter hielt, alle waren erkennbar froh, endlich was zu tun zu haben.

Klar, dass gut gefüllt in diesen Zeiten nicht so furchtbar viel bedeutet, weil ja mindestens jeder zweite Tisch eliminiert werden musste. Dennoch: Ein bisschen Aufbruchstimmung war zu spüren.

Dienstag, 26. Mai

Luca Zaia, der Regierungschef Venetiens, hat klar gestellt, dass das Filmfestival in Venedig im September auf jeden Fall stattfinden wird. Auch wenn wegen der üblichen Abstandsregeln ein Selfie mit George Clooney schwierig wird.

Mittwoch, 27. Mai

Nicht nur, dass ich wieder angefangen habe, auf den Golfplatz zu gehen (hier steht die ganze Story) – nein, auch meine Töchter, sonst Volleyballerinnen, haben plötzlich Lust bekommen, wieder zu spielen. Das liegt daran, dass ihre Idole Niall Horan und Tom Holland ebenfalls begeisterte Golfer sind und auf Instagram immer wieder ihre Schwünge posten.

Ich wette, ihr habt keine Ahnung, wer die beiden sind? Dann geht es euch so wie mir, wenn ich keine Töchter hätte. Niall gehörte zur Boyband One Direction und versucht nun eine Solokarriere, und Tom ist der neue Spiderman. (Lieber Niall, lieber Tom, entschuldigt das Geduze, aber ihr seid bei uns im Haus so gegenwärtig – Poster, Musik, Clips, Aufkleber –, dass ihr für mich praktisch zur Familie gehört.)

Aber viel wichtiger: Ich war im Wasser! Ja, die Strände sind geöffnet, und am Samstag öffnen auch die Beachclubs. Nein, keine Sorge, es gibt keine Plexiglasabtrennungen. Die einzige »Unannehmlichkeit«: Es wird in diesem Sommer eine Schirmbedienung geben, um Gedränge an der Theke zu vermeiden. Wenn ihr mich fragt: So ist es doch auch viel bequemer!

Inzwischen sind alle Bars und Restaurants wieder geöffnet, wenn auch teilweise noch mit Ruhetagen am Dienstag oder Mittwoch.

Und seit heute ist Grado offiziell virenfrei. Die wenigen Personen, die in Grado infiziert waren (die meisten davon haben sich beim Winterjob in einem österreichischen Skigebiet angesteckt), sind alle gesund und negativ. Und ich wiederhole es gern noch einmal: Grado mitsamt der Provinz Gorizia ist eines der am wenigsten betroffenen Gebiete Europas. Wir haben wahrscheinlich einfach Glück gehabt, aber so ist es nun mal. Und angesichts der vielen Handdesinfektionsmittel, die in jeder Bar und in jedem Restaurant stehen, glaube ich nicht, dass sich der kleine Erreger einen feisten Sommer bei uns machen kann.

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Spaghetti vongole und einen kühlen Weißwein am abendlichen Adriastrand. Besser geht es doch überhaupt nicht.

Donnerstag, 28. Mai

Nächste Woche kann es losgehen mit dem Tourismus. Italien macht die Grenzen auf, nicht nur von Region zu Region, sondern auch für Ausländer. Die ersten Österreicher und Deutsche sind auch schon da. Slowenien hat nämlich die Grenzen geöffnet. Kontrolliert wurde bislang niemand, ich habe nachgefragt. Aber das ist natürlich keine Garantie.

Ohnehin sind ja dringende berufliche Reisen erlaubt – und ich weiß, dass das für meine erschreckend niedrigen moralischen Standards spricht, aber mir fallen zu jedem Beruf, ob handwerklich oder akademisch, durchaus ein paar wichtige Gründe ein, nach Italien zu reisen. Ein Tischler muss eben dringend die Machart der Holzbalkone in Südtirol studieren, eine Architektin braucht für ihr neues Projekt Einblicke in mediterrane Stadtplanung. Und alle meine Freunde aus den Medienberufen müssen mich für ein Interview besuchen.

Aber von mir habt ihr das nicht gehört!

Aktuelle Entwicklungen (Grenzen, Hotels, Restaurants) lest ihr hier.

Zu den vorigen Wochenschauen geht es hier entlang.

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Lesestoff für den Liegestuhl? Ecco!