Mediterrane Wochenschau XXVIII: Wie ihr 50.000 Euro gewinnt

Hier kommt der einzige Newsletter, der extra für euch zum Kiosk gerannt ist, um sich ein Rubbellos zu kaufen!

Sonntag, 8. November

In diesen Wochen brauchen wir alle gute Nachrichten. Hier kommen gleich zwei: Letzte Woche hat der Greenkeeper des hiesigen Golfclubs mit einem Rubbellos 10.000 Euro gewonnen – und gestern hat ein Gradeser gleich 50.000 Euro abgeräumt.

Lustig dabei ist der italienische Aberglaube: Die Kioske, in denen diese Beträge gewonnen wurden, hängen die betreffenden Lose nach der Einlösung stolz in die Vitrinen – seht her, dieser Ort bringt euch Glück!

Rubbellose (»Gratta e vinci«) sind in Italien ein Riesending. Es gibt etwa den Wettbewerb »turista per sempre« (»Tourist für immer«), der einem im Bestfall 300.000 Euro auf einen Schlag plus 6000 Euro pro Monat für die nächsten zwanzig Jahre garantiert. Die Lose kosten fünf Euro, und selbst meine Frau schleppt ab und zu eines an. Es ist immer ein großer Familienspaß, die Felder freizurubbeln, und vielleicht liegt darin auch das Erfolgsgeheimnis dieses Spiels. Schon klar, am Ende gewinnt nur das Lotterieunternehmen, aber blenden wir diese profane Seite des Glücksspiels einfach mal kurz aus.

Wie wird die Kohle ausbezahlt? Das ist ganz interessant: Bei Gewinnen bis 500 Euro zahlt der Kiosk, alles weitere geht via Überweisung – die tatsächlich spätestens in zwei Werktagen da ist. Allerdings wird nicht der volle Betrag überwiesen, sondern nur etwa 90 Prozent. Der Rest wird als Glücksspielsteuer einbehalten und direkt an den Staat abgeführt.

So, und ich habe mir jetzt mal ein Rubbellos gekauft – natürlich »turista per sempre«. Und selbstverständlich in jenem Glücksbringer-Kiosk, in dem gerade 50.000 Euro gewonnen wurden.

Die Chance auf den Hauptgewinn liegt bei 1:4.500.000. Geht doch!

Nachher wird gerubbelt, und nächste Woche berichte ich euch, ob ich reich geworden bin.

Montag, 9. November

Den Begriff Sonntagsfahrer gibt es in allen von mir mehr oder weniger beherrschten Sprachen (sunday driver, conducteur du dimanche, conduttore di domenica) – was nur bedeuten kann, dass etwas Wahres dran ist.

Sonntagsfahrer gibt es aber offensichtlich auch zu Wasser, wie das zurückliegende Wochenende bewiesen hat: Bei Traumwetter wollten alle noch mal vor dem kommenden Winter mit ihren Booten ausrücken. Erst machte der Motor eines Segelboots schlapp, und die Besitzer waren nicht in der Lage, mit Hilfe der Segel zurück in den Hafen zu kommen. Dann verloren gleich vier Motorboot-Kapitäne im abendlichen Nebel die Orientierung; erst kurz vor Mitternacht konnte der letzte Verwirrte in den Hafen geleitet werden.

Dienstag, 10. November

Schreckensmeldung aus Grado: Der Bürgermeister verkündete auf seiner Facebook-Seite plötzlich 30 aktive Covid-Fälle auf der Insel, nachdem wir seit dem Ausbruch der Pandemie nahezu völlig verschont worden waren – konnte das stimmen? Erst am Tag später die erleichterte Korrektur: Die neu gemeldeten Fälle sind Menschen, die in Mailand und anderen Großstädten wohnen, ihren Erstwohnsitz aus steuerlichen Gründen aber in Grado haben. Daher wird das positive Testergebnis automatisch an die Heimatgemeinde geleitet, auch wenn der Infizierte in Mailand in Quarantäne ist. Wir sind hier – noch – die Insel der Seligen.

Zusammenhangloses Sonnenuntergangsbild von gestern Abend.

Mittwoch, 11. November

Ich habe diese Masken-Strafzettel immer für ein Märchen gehalten, eine bloße Drohung ohne konkrete Umsetzung, aber jetzt hat es tatsächlich eine Touristin aus Gradisca d’Isonzo erwischt, die auf der Strandpromenade in Grado ohne Maske flanierte und sich, von der Polizei angesprochen, auch standhaft weigerte, eine Maske aufzusetzen. 400 Euro, dankeschön, bitteschön.

Freitag, 13. November

Das Friaul bleibt gelb, also auf der niedrigsten Corona-Warnstufe. Dennoch werden die Maßnahmen ab heute ein klein wenig verschärft. Supermärkte sollen in den ersten beiden Stunden nur für die Risikogruppe Ü65 betreten werden, und nur eine Person pro Familie soll für die Einkäufe zuständig sein. Ab 15 Uhr darf in den Bars nur noch gesessen und nicht mehr am Tresen fabuliert, geschimpft und gelacht werden. Der ursprüngliche Plan, Reisen von Provinz zu Provinz zu verbieten, also etwa von Grado nach Triest – außer für die Arbeit oder in Notfällen – ist vorläufig vom Tisch. Aktuelle Entwicklungen lest ihr, stets aktualisiert, hier.

Ich wurde diese Woche ein paar Mal gefragt, ob es empfehlenswert sei, in diesen Wochen in Grado Urlaub zu machen. Auch wenn ich keine verbindlichen Tipps geben kann: Es geht schon noch. Aber niemand weiß, was nächste Woche los ist. Viele fordern einen harten Lockdown, um Weihnachten zu retten. Für Grado bin ich optimistisch, die Insel ist recht leer, der Platz ist vorhanden, um sich beim Strandspaziergang aus dem Weg zu gehen, viele Restaurants bieten Lieferdienste an. Wer ein Ferienapartment bucht (also mit eigener Küche), kann eine entspannte Nebensaison genießen. Allerdings mit vielen Einschränkungen: Die abendlichen Restaurantbesuche entfallen mindestens bis Anfang Dezember.

Nächste Woche werde ich euch also möglicherweise als Millionär grüßen, bereitet euch schon mal drauf vor!

Bis es soweit ist, muss ich aber auf den Verkauf meiner Bücher setzen.

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Der nächste Newsletter erscheint am 20. November, ich freue mich auf euch!

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