Hanteltraining, Lagunenzauber und Eis für alle: Mediterrane Wochenschau LVI

Hier kommt der einzige Newsletter, der sich die Sonnencreme erst dann ins Gesicht schmiert, wenn er schon das leichte Ziehen auf Stirn und Wangen spürt. (Viel zu spät natürlich.)

Sonntag, 6. Juni

Zu den schönsten Sehenswürdigkeiten, die Grado zu bieten hat, gehört die Lagune. Es ist eine einmalige Landschaft, ein stilles, leicht salzhaltiges Mikro-Meer mit ganz eigener Flora und Fauna – und zauberhaften casoni, Fischerhütten aus Schilf. Die Lagune von Grado ist in der Reisebranche noch ganz unbekannt, im Gegensatz etwa zur französischen Camargue, aber da haben wir wieder das Phänomen, dass die Franzosen sich einfach cleverer vermarkten als die Italiener. (Ich halte die italienische Küche für besser, aber es ist immer vom »Leben wie Gott in Frankreich« die Rede. Und mit dem Guide Michelin haben die Franzosen sich ja gewissermaßen selbst das Werkzeug geschaffen, ihre eigenen Restaurants und die französische Küche in den Himmel zu loben. In meinem Italien-Prinzip gehe ich ausführlich auf all das ein, aber jetzt machen wir die Klammer zu und kehren zurück zur Lagune.)

Einigen von euch erzähle ich mit dem Lagunen-Lob nichts Neues, einigen anderen aber vielleicht doch. Denn es ist als Tourist ja nicht leicht, sich die Lagune zu erobern, die meisten von euch kommen ohne Boot nach Grado. Doch es gibt zwei gute Möglichkeiten, dieses Naturwunder zu genießen. Eine ist preiswert und schnell, eine genussvoll und ausführlich (und etwas teurer). Als erstes fährt in der Saison mehrmals pro Tag eine Fähre von Grado nach Barbana. Die Fahrt dauert etwa 15 Minuten, und auf der Klosterinsel könnt ihr spazieren gehen, einen Kaffee trinken oder eine Kleinigkeit essen.

Die zweite Möglichkeit ist das Mieten eines Taxiboots und die Fahrt zum Restaurant Ai Ciodi mitten in der Lagune. Die Fahrt dauert 45 Minuten und ist ein ebenso fabelhaftes Erlebnis wie das Essen im Restaurant selbst. Freunde, die ich dorthin mitgenommen habe, bezeichnen es als eines ihrer schönsten Urlaubserlebnisse überhaupt. Das Taxiboot ist etwas teurer, rund 150 Euro kosten Hin- und Rückfahrt, aber dafür passen ja auch zwölf Leute aufs Boot, und wenn man es dann teilt, dann ist es nicht teurer als ein Kinoeintritt. Und den Film, den ihr auf der Hin- und Rückfahrt seht, werdet ihr nicht vergessen.

Wer Freunde mit Lagunenerfahrung hat, hat es natürlich gut.

Ich mache hier gerade den Big Boss als Sardinen-Panierer (Mehl, Ei, Brotkrumen), zum Glück für alle Gäste unter professioneller Anleitung. Aber alle Österreicher, die hier mitlesen, müssen jetzt ganz stark sein: Ich fühle mich dem Wiener Schnitzel gewachsen! 

Montag, 7. Juni

Bleiben wir in Österreich: »Ein Mann muss nur so schön sein, dass sein Pferd nicht scheut«, sagten die Wiener früher. Aber ich bin trotzdem froh, dass die Fitnessstudios wieder geöffnet sind. Nach all den Ausschweifungen beginnt nun der Ernst des Lebens. Obwohl ich immer ein ziemlicher Sportmuffel war (ich habe gern Sport gemacht, war aber nie fleißig), finde ich Gyms faszinierend, und ich fühle mich sehr wohl dort. Die vielen Versuche, während des Lockdowns Liegestütze und Kniebeugen daheim zu machen, sind spektakulär gescheitert, aber im Gym mache ich alles klaglos. (Also, ich jammere jedenfalls leise.)

Es gibt eine faszinierende Geschichte (auf Englisch) über die Segnungen des Gyms – der Punk-Poet Henry Rollins hat sie geschrieben, und sie ist etwas pathetisch, wie das Krafttraining selbst. Sie endet mit folgendem Satz: »Freunde kommen und gehen. Aber zweihundert Pfund bleiben zweihundert Pfund.«

Eine Anregung von Henry Rollins habe ich übernommen: Er hört sanfte Balladen beim Krafttraining. Kein vermeintlich motivierendes Zeug, kein Metallica oder Rammstein oder die Filmmusik von Rocky. Meine Bestleistung im Bankdrücken habe ich mit »Dilemma« von Kelly Rowland & Nelly geschafft. Von dieser Bestleistung bin ich aber derzeit noch sehr weit entfernt. »Here Comes the Sun« von den Beatles oder »Moon River« von Frank Sinatra sind auch toll beim Training.

Ich lese gerade Stephen Kings Buch »Das Leben und das Schreiben«. Er hört beim Schreiben laute Musik, weil das für ihn neben der geschlossenen Tür des Arbeitszimmers »eine weitere Tür« ist, die er »schließt«.

Ich war nie ein Fan des Horror-Genres, weil mir solche Bücher (und Filme) schlechte Laune machen, aber Kings Buch hat mich sehr beeindruckt. Und: Das Gym ist für mich auch eine solche »Tür«, die zugeht: Ich bin ganz allein mit mir und meinen Geschichten (und Gewichten), so allein, wie es in der heutigen Zeit möglich ist.

Dienstag, 8. Juni

Ist das nicht eine süße Geschichte aus Grado? Johnny Montoneri, der jahrzehntelang als Busfahrer die Kinder in die Grundschule brachte und wieder abholte, geht in Rente. Und zum Abschied gab er allen Kindern ein Eis aus, während die Kinder ihrerseits ein Dankesplakat hochhielten und einen kleinen Tanz aufführten. Auch meine Kinder sind stets von Johnny in die Schule gebracht worden. Grazie di tutto!

Mittwoch, 9. Juni

Die ersten Leserfotos sind da! Ihr wisst ja: Nehmt das »Italien-Prinzip« mit auf die Reise und gewinnt einen von zwei Kindle-E-Readern im Wert von 100 Euro! Und das Buch passt ja gut ins Gepäck. Auch Fotos vom Kindle-Gerät und vom Hörbuch auf dem Handy sind natürlich erlaubt.

Klasse, oder? Von links nach rechts: @steppicarlotta, Claudia S. (2x), Britta K-F. Auf Brittas feine Idee, das Buch mit dem Giro d’Italia in Grado zu fotografieren, hätte ich Blödmann auch mal selbst kommen sollen.

Donnerstag, 10. Juni

Radikaler Themenwechsel: Ich bin nämlich für eine Nacht in Bad Kleinkirchheim, wie ihr an diesem Bild seht. »Schweinsbraten im Biersaftl« – ein Aushang, den man in Italien eher selten liest.

Und auch wenn ich gerade an einer Fortsetzung des Italien-Prinzips arbeite, geht die Krimireihe um Wendelin Kerschbaumer weiter. Wie findet ihr das Cover von Band 2, der im September erscheint?

Worum geht es in dieser Buchreihe? Ich habe dazu einen kleinen Werbetext geschrieben. Los geht’s:

Stadt trifft auf Dorf, Ebene auf Berg, Wien auf Kärnten: Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer ermittelt in dem kleinen Kurort Bad Kleinkirchheim – in skurrilen Kriminalfällen und mit ungewöhnlichen Methoden. Wendelin Kerschbaumer ist nicht nur Städter, sondern auch noch Wiener. Unbeholfen bewegt er seinen etwas zu großen, etwas zu runden Körper durch die vollgestellte Gemütlichkeit von Kärntens Gasthäusern, Hütten und Après-Ski-Bars, stößt gegen Hirschgeweihe, bringt Deckenlampen ins Schwanken und wirft Biergläser um.

Auch Bad Kleinkirchheim liefert geniale Gegensätze: Es ist ein abgelegenes Bergdorf mit gerade einmal 1200 Einwohnern. Aber zwei Mal im Jahr, im Winter und auch für einige Wochen im Sommer, wird es zu einem der beliebtesten Urlaubsziele Österreichs mit internationalem Publikum.

In diesem Panorama geschehen ungewöhnliche Kriminalfälle mit extravaganten Personen – mit russischen Elitesoldaten, Ski- und Schlagerstars, gewieften Omas, gedopten Bodybuildern, bayerischen Millionären, italienischen Industriellen, ehrgeizigen Aktivistinnen, bosnischen Waffenschmugglern, Wiener Transvestiten und kroatischen Poker-Profis.

Klingt das nicht verführerisch? Hier geht es zu Band eins.

Freitag, 11. Juni

Jetzt haben wir uns wieder festgeplaudert, dabei wollte ich euch von einem wirklich bemerkenswerten nagelneuen Restaurant mitten in Grado erzählen – mache ich nächsten Freitag, versprochen!

Die letzte Wochenschau (mit dem perfekten Pasta-Rezept) lest ihr hier.

Zurück zur Startseite? Bitteschön.

Was müsst ihr für eure Reise in den Süden beachten? Nicht mehr viel, wie ihr hier lesen könnt.

Jetzt ist die perfekte Zeit, Venedig einen Besuch abzustatten – alle Tipps findet ihr gebündelt hier.

Euch allen ein schönes Wochenende – und bis bald in Italien!

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