Die geheimnisvolle Rutschpartie und die Probleme eines Ferrari-Besitzers: Mediterrane Wochenschau LXXXIX

Hier kommt der einzige Newsletter, der sich erst einmal damit abfinden muss, dass Brillenläden in seinem Leben plötzlich eine nicht unwichtige Rolle spielen.

Oh, wir hatten schon einen ersten heftigen Frühlingsanfall – mit Temperaturen bis 18 Grad! Die Tauben haben so heftig geturtelt, dass die Baumkronen wippten.

Aktuelle News über die Virenlage für Reisende findet ihr wie immer hier. Gute Nachricht, wenn auch noch inoffiziell: Am 31. März sollen in Italien alle Einschränkungen fallen, inklusive Nachweise und Masken. Die Regierung will natürlich noch die Entwicklung bis dahin abwarten. Aber es sieht gut aus!

Montag, 14. Februar

Doch Corona interessiert hier in Grado sowieso keinen mehr. Das Gesprächsthema der Woche war nämlich die geheimnisvolle Rutschpartie. Denn mehrere Tage lang war es im ganzen Ort unfassbar glatt, als hätte sich eine Schicht Flüssigseife über alle Straßen gelegt. Sehr rätselhaft! Mehrere Gradeser legten sich gepflegt auf den Asphalt, und eine Freundin von uns, mit dem Fahrrad unterwegs, brach sich gar den Arm. Die Gemeinde forderte daher alle Bürger auf, auf Rad und Motorrad zu verzichten. Besonders in den Kreisverkehren war es extrem glatt; dort wurden erst Polizisten und dann Schilder platziert, die zu Schrittgeschwindigkeit aufriefen. Angeblich soll ein Lastwagen Öl verloren haben, aber warum war die Schmiere dann auch auf den Bürgersteigen?

Übrigens stürzte auch Don Paolo Nutarelli. Unser neuer Priester ist ja der heimliche Star der letzten Newsletter: Macht er das alles absichtlich, um in meinem Blog zu erscheinen? Und was meint ihr: Als es ihn geschmissen hat – hat er da geflucht?

Und gerade fällt mir der Tipp ein – ist er aus Per Anhalter durch die Galaxis? – , dass Fliegen ja ganz einfach ist: Du musst einfach auf den Boden fallen – aber daneben.

Dienstag, 15. Februar

Ich stehe auf Zahlen und Listen, und heute sind die neuen Einwohnerzahlen veröffentlicht worden. Interessant! Grado hat genau 7861 Einwohner, von denen aber nur 236 im centro storico wohnen – so wenige wie noch nie. Fünf Menschen sind über 100 Jahre alt, vier davon sind Frauen. Die verblüffendste Statistik: 22 Personen sind mit dem Hauptwohnsitz mitten in der Lagune gemeldet. Wie das? Dabei handelt es sich unter anderem um die Mönche im Inselkloster Barbana, aber es gibt tatsächlich noch eine Handvoll Gradeser, die in den casoni leben.

Mittwoch, 16. Februar 

»Stefani Germanotta, du wirst es nie zu was bringen«, glaubten die Kommilitonen an der New York University und gründeten eine Online-Gruppe mit gleichem Namen. Was für ein Mobbing! Stefanis Foto übermalten sie mit einem X. Die Gruppe gibt es sogar immer noch auf Facebook (sie heißt »Stefani Germanotta, you will never be famous«).

Habt ihr sie erkannt? Tja, aus Stefani Germanotta wurde der Weltstar Lady Gaga, sie verkaufte 170 Millionen Platten, bekam zwölf Grammys und zwei Golden Globes und letztes Jahr sogar einen Oscar, und ihre Rolle im Film »House of Gucci« ist weltklasse; möglich, dass sie auch dafür einen Oscar bekomt. Falls ihr den Film noch nicht gesehen habt: Hier ist der sensationelle Trailer. Gönnt euch diese zweieinhalb Minuten!

Ich bin übrigens dafür, dem Espressolöffel am Ende des Trailers einen Oscar als bester Nebendarsteller zu verleihen.

Warum ich das erzähle? Jetzt soll auch ein Film über die Ferrari-Familie gedreht werden (wiederum ist Adam Driver dabei – als Enzo Ferrari). Hollywood hat offenbar Geschmack an Italien gefunden. Ich bin gespannt, ob auch erwähnt wird, wie aus der Traktormarke Lamborghini der erbitterte Sportwagen-Konkurrent erwuchs. Denn Traktorhersteller Ferruccio Lamborghini war begeisterter Ferrari-Fahrer, doch jedes Mal ging die Kupplung seiner neuen Ferraris kaputt. Also suchte er 1962 Enzo Ferrari auf und erklärte ihm das Problem: Man müsse eine stabilere Kupplung einbauen, er hätte da ein, zwei Ideen. Doch Enzo antwortete: »Das Problem ist nicht die Kupplung, das Problem ist, dass du nicht weißt, wie man einen Ferrari fährt.« Daraufhin beschloss Ferruccio, es Enzo heimzuzahlen, und eröffnete nur ein Jahr später seine Sportwagen-Fabrik.

Donnerstag, 17. Februar

Meine Tochter ist in der örtlichen Tageszeitung! Sie hat nämlich ihr Debüt in der zweiten italienischen Volleyball-Liga gefeiert, weil sich der Stammlibero verletzte.

Ich wollte meinen Namen ja immer mal irgendwann in der Gazzetta dello Sport sehen – nun wird es, wenn überhaupt, wenigstens der Nachname.

Ich wünsche euch allen ein wunderbares Wochenende – wir lesen uns nächsten Freitag, ich freue mich!

Hier kommen, wie letzte Woche versprochen, noch drei Werke von Sibylle Kulisch:

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Bunte Buchtipps: Bitteschön!

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PS: Keine Mail ohne PS – Leser Josef W. wies mich soeben darauf hin, dass das hier so heiß diskutierte Wort »schiach« im Pustertal eine ganz andere Bedeutung hat: Dort heißt »schiache« nämlich »schüchtern«.