5 verblüffende Geschichten übers Essen & Trinken

Haben erst Italiener den Ketchup rot gemacht?

Ketchup begleitet die Menschheit schon über viele Jahrhunderte, doch die Tomate kam erst als letzte Beigabe hinzu. Die Gewürzsauce dürfte aus Südostasien stammen; im Indonesischen bezeichnete kecap zunächst eine Sojasauce. Später kamen Sardellenpaste, Essig und Gewürznelken hinzu, wie ein Reisebericht aus dem Jahr 1711 festhielt. 1727 tauchte in der englischen Sprache das erste Rezept für Ketchup auf, das damals noch High East India Sauce hieß, zusätzlich angereichert mit Schalotten und Weißwein. Immer noch ähnelte Ketchup eher einer Fischsauce, später kursierten Rezepte auf der Basis von Pilzen, Muscheln, Austern und Walnüssen. Erst 1812 riet ein US-Rezept zur Beigabe von pürierten Tomaten. Vermutlich ließ man sich von dem wohl berühmtesten Tomatengericht der Welt inspirieren, der pasta al pomodoro, den Nudeln mit italienischer Tomatensauce. Möglich, dass ein neapolitanischer Einwanderer die Idee mitbrachte. Genau deswegen spricht man offiziell auch immer von »Tomatenketchup« (und nicht einfach »Ketchup«), weil Hersteller früher die neue Zutat deutlich machen wollten. Das »rote« Ketchup setzte sich in den USA schnell durch, und auch die Deutschen kamen nach 1945 auf den Geschmack. Die übliche heutige Rezeptur: Tomatenmark, Zucker, Essig, Salz, Zwiebeln, Knoblauch, Dickungsmittel für die cremige Konsistenz sowie Aromastoffe.

 

Warum sind Pfeffermühlen im ristorante bloß immer so groß?

Die ersten Pfeffermühlen wurden 1842 von dem französischen Fahrzeughersteller Peugeot gefertigt (sie sind die ältesten Produkte des Konzerns) und ersparen seither die mühsame Arbeit mit Mörser und Stößel. Die überdimensionierten Pfeffermühlen in Restaurants haben durchaus einen tieferen Sinn. Der Mechanismus bei großen Mühlen ist stabiler und robuster, sie leiern also trotz täglichem Gebrauch nicht so schnell aus. Man muss sie auch nicht jeden Abend von Neuem auffüllen – für viele Restaurants ein wichtiges Argument. Außerdem bietet der cameriere in guten Restaurants seine Hilfe beim Würzen an. Damit der respektvolle Abstand zum Gast und auch die Hygiene gewährleistet bleiben, sind die Pfeffermühlen gerade in der Gastwirtschaft besonders groß und lang. Der Showeffekt wird dabei natürlich gern in Kauf genommen.

 

Warum bestellen wir im Restaurant oft nicht das, was wir wirklich wollen?

Weil wir uns beobachtet und beurteilt fühlen – und das oft nicht ohne Grund. In einer Umfrage eines großen italienischen Kaffeeherstellers gaben 52 Prozent der Befragten an, andere danach zu beurteilen, was sie bestellten. 55 Prozent rümpfen zum Beispiel die Nase, wenn ihr Gegenüber viel Zucker in den Kaffee schüttet oder ihn mit Sahne verfeinern will (speziell in Italien ist Sahne im Kaffee eine kulinarische Todsünde). In derselben Studie gaben 80 Prozent aller Befragten an, sich beim Bestellen in einer größeren Runde unter Druck zu fühlen und sich danach zu richten, was die anderen am Tisch bestellen. Aus anderen Ländern fehlen ähnlich spezifische Studien, aber man darf wohl davon ausgehen, dass derjenige, der sich zum Geschäftsfrühstück ein Bier und einen Schnaps bestellt, ähnlich harsch beurteilt wird wie jemand, der keinen Kaffee ohne eine Sahnehaube trinken kann.

 

Wer macht Weinkorken für Milliardäre?

Man hat es nicht leicht als Oberschichtler. Jeder Dahergelaufene besitzt ja heute schon eine Yacht in St. Tropez, ein Apartment in London, ein Chalet in St. Moritz. Gut, dass es noch die kleinen, feinen Dinge des Lebens gibt, mit denen man sich vom Pöbel unterscheiden kann. Das Juwelierunternehmen Peroni & Parise aus dem italienischen Vicenza hat diamantbesetzte Weinkorken für all jene hergestellt, die wirklich schon alles haben. Sie sind mit 569 Brillantsplittern besetzt, die insgesamt auf 7,3 Karat Gewicht kommen. Eingefasst sind die Brillanten in Gold und versiegeln den entkorkten Château Mouton-Rothschild für den nächsten Abend verlässlich. Die Kosten: 40.000 Euro. Hinter den wertvollen Weinkorken steht neben den Juwelieren die Firma Labrenta, die seit 40 Jahren auf Flaschenverschlüsse jeder Art spezialisiert ist und sich offenbar einmal etwas Besonderes gönnen wollte. Das ärmere Modell aus Silber und mit Zirkonia-Steinen, einem preiswerten Diamant-Imitat, kostet dagegen nur 2000 Euro.

 

Was haben Zitronen mit der Mafia zu tun?

Dank der idyllischen Zitronenplantagen rund um Palermo gelangt Sizilien Anfang des 19. Jahrhunderts zu enormem Reichtum. Das Problem: Die Pflanzen sind äußerst empfindlich, die regelmäßige Bewässerung muss gewährleistet sein – nur eine kurze Unterbrechung des Wasserstroms, und die ganze Ernte ist dahin. Eine Bande Krimineller wittert dahinter eine Geschäftsidee. Den Grundbesitzern wird, zunächst mit anonymen Briefen, die Einstellung bestimmter Wachmänner und Plantagenverwalter nahegelegt, die die Bewässerung kontrollieren und für Sicherheit sorgen können. Wer sich weigert, wird zunächst bedroht, dann verprügelt und im Extremfall getötet. Die Polizei schaut weg oder wird per Bestechung gefügig gemacht – die Zitrusfrüchte lassen genug Geld für alle da. Auch der Staat hat andere Sorgen: Italien ringt um die nationale Einheit, da scheinen die seltsamen Vorkommnisse im Süden nur eine Nebensache zu sein. Bald bilden sich regelrechte Franchises der Geschäftsidee in ganz Sizilien. Einer der Hauptabnehmer der Zitronen sind die USA, und die vielen italienischen Einwanderer tun ein Übriges, dass nicht nur die süßen Früchte, sondern auch die sizilianischen Umtriebe zu einem Exportschlager in der Neuen Welt werden.

Teil 2 der erstaunlichen Geschichten kommt am Donnerstag! Wem bis dahin langweilig ist, der kann ja hier schauen, wo wir Trüffel aufspüren. Oder hier, wo wir die beste Nudel der Welt finden. Oder hier, wo es um die größten Prasser der Weltgeschichte geht.