Vorab: Es gibt auch die Italiener im ausgebeulten Jogginganzug und mit abgekauter Kippe im Mundwinkel, die sich gern rund um Fußballplätze oder Großbaustellen herumtreiben. Oder jene Italiener, die alberne Fußballerfrisuren nachahmen und etwas zu experimentierfreudig mit ihrer Gesichtsbehaarung sind. Aber Pi mal Daumen sind Italiener einfach besser gekleidet als wir. Wie machen die das?
- Zieh dich etwas wärmer an als notwendig.
Ein ganz wichtiger Trick. Während die Völker nördlich der Alpen sich bei den ersten Zeichen von zarten Sonnenstrahlen alle Kleider vom Leib reißen, hält sich der Italiener bedeckt. Das zeigt Contenance und hat Stil. Das Foto hier zeigt mich (Deutscher) und meine Schwiegermutter (Italienerin) bei 18 Grad. Da war ich eindeutig noch in meiner Lernphase.
- Schuhe, Schuhe, Schuhe.
Du kannst aussehen wie ein Neandertaler: Wenn die Schuhe geputzt und geschmackvoll sind, sind fast alle anderen Modesünden verziehen. »Aber auf Schuhe schaut doch keiner?« Denkst du.
- Sei stilvoll auch in der Freizeit.
Der Deutsche im Besichtigungs-Outfit: wasserabweisende Jacke, Jeans mit argen Alterserscheinungen, bequeme (ausgelatschte) Schuhe, Bauchbeutel für Wertsachen, Flasche Wasser in der Hand. Überraschung: Man kann auch vernünftig gekleidet durch Venedig oder Florenz schlendern, etwa in einem Sakko oder gar mit guten Schuhen. Dass modische Schuhe immer unbequem zu sein haben, ist ein Gedankengang, den Deutsche exklusiv haben.
- Leg dir eine Macke zu.
Mach dich unverwechselbar. Gianni Agnelli, der wahre Playboy, trug seine Uhren stets über der Hemdmanschette. Sergio Marchionne trägt nie Anzug und Krawatte. Das muss man sich nicht nur trauen – das muss man auch konsequent durchziehen können.
Exkurs – zwei Fakten über Gianni Agnelli:
a) Als er fertig studiert hatte, gab ihm sein Vater eine Million Dollar. »Amüsier dich. Du hast ein Jahr Zeit. Aber danach gehörst du der Firma.«
b) Krasses Zitat: »Verlieben ist was für Dienstmädchen.«
- Nach den Schuhen kommt das Hemd.
Ein ordentlich gebügeltes, gut sitzendes und generell geschmackvolles Hemd ist fast so wichtig wie vernünftige Schuhe. Beides gemeinsam kaschiert praktisch alle eventuellen modischen Ausrutscher.
- Es gibt kein Ich geh mal schnell in den Supermarkt und zieh mir was über.
Du verlässt das Haus, oder du verlässt nicht das Haus. Wenn du das Haus verlässt, dann kleide dich entsprechend.
- Achte auf die Feinheiten.
Ist die Hosenlänge richtig? Ragt das Hemd unter den Ärmeln des Pullovers hervor? Ist der Schal richtig gewickelt oder ist das erste, was der Betrachter sieht, das Etikett mit den Waschanweisungen?
- Sei ein Beachboy.
Niemand geht eleganter an den Strand als ein Italiener. Weites Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln, die Gazzetta unterm Arm, vernünftige Shorts, Mokassins. Der Deutsche? Ausgewaschenes T-Shirt »Ibiza Bacardi Tour 1999«, kneifende Badehose, Adiletten, Geschirrtuch unterm Arm.
- Im Zweifel: overdressed statt underdressed.
Ein gutsitzender Anzug ist in keiner gesellschaftlichen Situation ein Fehler. Ein Muskelshirt schon.
- Zeig Respekt.
Der schulterklopfende mediterrane Gutelaunebär, der Ciao in alle Richtungen ruft, ist in der Werbung und in unseren Klischees vom Italiener weit verbreitet. Distinguierte Zurückhaltung wäre angebrachter. Das strahlt auch angenehm auf den eigenen Stil ab.
Mehr muntere Geschichten zum Wochenbeginn gefällig? Hier erfahrt ihr alles über den italienischen Aberglauben, hier geht es ums Überleben im Kreisverkehr und auf der Autostrada, und hier liste ich 7 Dinge auf, an denen man Deutsche erkennt.
Und gerade hereingekommen: Eine fantastische Kritik meines neuen Romans. Lest sie hier.