Venedig, Grado, die Viren und wir – ein Frontbericht (Update 10.3.)

»Mögest du in interessanten Zeiten leben.« (Chinesisches Sprichwort)

Hier kommen die Ereignisse in Tagebuchform – direkt aus Grado, täglich aktualisiert. Und immer mit einem Blick über die Lagune nach Venedig.

Dienstag, 10. März

Okay, das ist eine Hausnummer: Premierminister Conte hat am Vorabend ganz Italien bis zum 3. April zum Sperrgebiet erklärt. Sperrgebiet: Was heißt das genau? Es ist vorerst nicht ganz so dramatisch, wie es klingt – spostamenti aus beruflichen Gründen sind nach wie vor erlaubt, aber das öffentliche Leben steht doch ziemlich still. Museen, Theater und Kinos bleiben ebenso geschlossen wie Schulen und Universitäten. Ältere Menschen sollten tunlichst daheim bleiben, eigentlich sollte niemand mehr das Haus häufiger als nötig verlassen – und schon gar nicht quer durchs Land gondeln.

Besonders übel: Cafés und Restaurants dürfen nur noch bis 18 Uhr geöffnet haben.

Eine hierzulande wichtige Frage: Was passiert mit dem Fußball? Bis Anfang April ist der Ligabetrieb komplett eingestellt (das entspricht zwei Spieltagen), und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Serie A für beendet erklärt wird, möglicherweise wird der Meistertitel nicht vergeben. Schade, weil es ausgerechnet in diesem Jahr extrem spannend war. Aber klar – es gibt Wichtigeres.

Ein wirklicher Jammer ist, dass wir hier Traumwetter und Temperaturen bis 20 Grad haben. Hoffnung so mancher Experten: Der Frühling könnte Ansteckungen verlangsamen, und tatsächlich flacht die Kurve der Neuinfektionen ab.

Sonntag, 8. März

Von nun an klebe ich die neuen Einträge hier oben an, damit ihr nicht dauernd runterscrollen müsst. Ich könnte natürlich auch einen ganz neuen Blogbeitrag eröffnen, aber ich will diese Seite ja nicht von Virenthemen dominiert haben.Also, ich komme gerade vom Strand. Heute ist ein absoluter Traumtrag, in der Sonne werden es bestimmt über 20 Grad. Wolkenloser Himmel, ganz sanfter Wind – wunderbar.

Soweit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist: Jetzt werden die Maßnahmen drastisch. Gestern Abend wurden 14 Provinzen unter Quarantäne gestellt, darunter Padua und Venedig. Das Friaul ist nach wie vor nicht betroffen.

Nur in absoluten Notfällen darf man dort raus oder rein (Touristen dürfen allerdings die Heimreise antreten), Bars dürfen nur noch bis 18 Uhr öffnen, alle Museen, Theater und Kinos bleiben geschlossen. Italienweit sind Schulen und Universitäten ja ohnehin noch bis zum 15. März zu. Jedwedes spostamento innerhalb der Provinzen ist untersagt, außer es ist unbedingt nötig (Einkaufen, Arbeitsplatz). Auch Hochzeiten und Beerdigungen sind nicht gestattet. Sich verlieben und Sterben darf man aber noch. Ein paar Fragen bleiben, die sich in den nächsten Stunden und Tagen klären werden.

Wie radikal diese Maßnahme ist? Von der Quarantäne sind auch Provinzen mit wenigen Corona-Fällen betroffen. Just gestern Abend fand das Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund vor 54.000 Zuschauern statt. Das Stadion liegt nur zehn Kilometer Luftlinie von Heinsberg entfernt, dem größten deutschen Infektionsherd.

Wer nun recht hat? Keine Ahnung, ich bin kein Experte.

Hier jedenfalls ein wunderbares Video, gedreht vom Personal des Krankenhauses in Cefalù auf Sizilien, nicht weit von Palermo. Es geht ums Händewaschen.

 

(Und hier geht das Tagebuch von Anfang an weiter:)

Sonntag, 23. Februar

Venedigs Karneval ist abgesagt (dazu unten mehr), viele Spiele der Serie A ebenso, Universitäten und Schulen bleiben in einigen Regionen geschlossen. Tatsächlich ist Italien das am heftigsten betroffene Land Europas – jedenfalls bislang. Insbesondere die Lombardei hat es erwischt, aber auch Venetien. Ob das einfach Pech ist oder tatsächlich mit den engen wirtschaftlichen Bindungen zwischen China und Mailand zu tun hat (Mode etc.), ist noch völlig unklar. Klar ist, dass das Coronavirus nicht so tödlich ist wie Ebola, sondern »nur« wie eine normale Grippe wütet. Das ist zwar besorgniserregend genug, aber Weltuntergangsszenarien müssen nicht entworfen werden. Dennoch: Es ist besser, das Virus nicht zu haben.

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Die gute Nachricht: Die Eissaison ist eröffnet!

23. Februar, am Abend

Gerade kommt die Meldung: Die Schulen bleiben auch hier im Friaul bis zum Montag, den 2. März, geschlossen, obwohl es in der ganzen Region bislang keinen einzigen positiven Corona-Fall gibt. Das klingt dramatischer, als es ist, denn bis Donnerstag sind überall ohnehin Faschingsferien. Es gibt also vorerst nur zwei freie Tage. Meine Tochter ist dennoch sehr glücklich. Wir suchen uns schon neue Netflix-Serien heraus, ich lege mir Shakespeares Gesamtwerk hin und tue so, als würde ich es mit jetzt aber endlich vornehmen.

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Für den Ernstfall gerüstet.

Auch die Museen schließen vorerst – und alle Sportstätten. Also fällt in dieser Woche das Fitnessstudio aus, und ich werde meine Kalorien flanierend verbrennen müssen.

Einschränkungen im normalen Leben sind im Übrigen nicht zu spüren. Auch habe ich bislang noch keine einzige Maske gesehen (Karnevalsmasken ausgenommen).

24. Februar, am Morgen

Hamsterkäufe! Ich habe gegoogelt, wann der große Supermarkt am Morgen aufmacht, und mir den Wecker gestellt. Großer Andrang ist mir suspekt. War alles unnötig. Es gab überhaupt keinen Andrang. »German Angst«, sage ich nur. Ich bin dann doch später gegangen.

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Volle Regale, leere Gänge: Der Supermarkt heute um 11 Uhr. 

Wir haben daheim ausreichend Wasser, Pasta, Oliven, Pesto und Wein (ca. 100 Flaschen plus 15 Liter in der Box), um jede mögliche Ausgangssperre zu überstehen. Aber man will ja auch gut leben.

Meine Einkaufsliste:
– Reis
– Zwiebeln
– Knoblauch
– Nüsse
– Nutella!!!
– Tomatensugo (natürlich nur das Sugo der Firma mit dem vertrauenerweckenden Namen Mutti)
– alles Mögliche in Dosen (Thunfisch, Mais, Erbsen, Ananas, Linsen…)
– Gummibärchen
– Schokolade
– alles fürs Bad (Zahnpasta etc.)
– Desinfektionsmittel? Alle ausverkauft
… und alles, was mir so in den Einkaufswagen fällt

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Mein 40 Zentimeter langer Einkaufsbon von heute. Der Beleg für »German Angst«.

Nachtrag zu Venedig: Natürlich ist der Karneval nicht »abgesagt«. Lediglich das Beiwerk drumherum ist betroffen, also Konzerte, öffentliche Veranstaltungen undsoweiter. Privat wird weiter gefeiert, und es ist auch nicht verboten, im Kostüm durch die Stadt zu flanieren.

24. Februar, am Mittag

»Friaul im Schützengraben«, titelt die örtliche Tageszeitung Il Piccolo. Aus journalistischer Sicht eine gute Schlagzeile, finde ich.

Stand heute: 160 Infizierte, fast alle in der Lombardei, aber auch im Veneto und ein paar Einzelfälle in angrenzenden Regionen. Nach wie vor noch kein einziger Fall im Friaul. Es wird allerdings ein Verdachtsfall aus Lignano gemeldet.

Und wen es interessiert: Der Golfplatz von Grado ist geöffnet.

24. Februar, am Nachmittag

Bei Corona fällt mir ein: Ich habe immer behauptet, dass es mit der heutigen, computergestützten Brautechnik kaum möglich ist, ein schlechtes Bier zu brauen, so wie es ja auch kaum noch wirklich schlechte Weine gibt. Dann habe ich vor ein paar Monaten nach Ewigkeiten mal wieder ein Corona-Bier getrunken. Scheußlich!

Apropos Getränke: Die Bars hier in Grado sind alle ganz normal besucht.

Dienstag, 25. Februar, am Morgen 

Auf dem Weg ins »Büro« (also mein Stamm-Café) höre ich zufällig Radio Sportiva, eine Station, die auf Sportereignisse spezialisiert ist. Wie machen das die Journalisten dort in den nächsten Tagen? Lesen sie Kuchenrezepte vor? Und was machen die Journalisten der drei großen Tageszeitungen, die sich ausschließlich dem Sport widmen? Fragen, die ich mir aus reiner déformation professionelle stelle.

Der Bürgermeister von Grado hat gestern Abend angekündigt, dass sich möglicherweise demnächst alle Personen melden müssen, die in den letzten Wochen in Risikogebieten unterwegs waren.

Derweil steht die Bilanz für ganz Italien bei 229 Infizierten und sieben Toten. Alle 20 Verdachtsfälle im Friaul fielen negativ aus.

Die Region Basilikata und die Insel Ischia wollen fortan Reisenden aus der Lombardei und Venetien die Einreise verweigern. Wie das wohl funktionieren soll? Auch Kroatien wird an der Grenze auf Fiebersymptome kontrollieren, und Mauritius schickt Urlauber aus Italien am Flughafen nach Hause. Schön, wenn man nach zehn Stunden Flug noch einmal zehn Stunden Flug vor sich hat.

Seit dem Sonntag moderiert Trash-Queen Barbara D’Urso ihre T’V-Shows ohne Publikum. Ihr Trick: Sie lädt nicht nur streitende Pärchen von C-Prominenz ein, sondern auch deren Mütter, was stets für ein exquisites Gekeife sorgt.

25. Februar, am Nachmittag

Auf diese Nachricht habe ich lange gewartet. Die Tageszeitung La Repubblica hat vermeldet, dass alle sieben verstorbenen Italiener an schweren Krankheiten litten. Das ist zwar kein Trost für die Toten oder ihre Angehörigen, aber es beweist doch zumindest für uns, dass das Virus nicht sonderlich gefährlich ist. Wie schon oben gesagt: Dennoch ist es besser, sich nicht damit herumschlagen zu müssen.

Noch ein paar gute Nachrichten: Meine Frau hat den hiesigen Kinderarzt beim Einkaufen getroffen (das ist der Vorteil, wenn man in kleinen Ortschaften wohnt). Das Virus scheint Kindern kaum etwas anzuhaben. Der Kinderarzt vermutet, dass die modernen Impfcocktails, die den Kleinen gegen andere Krankheiten verabreicht werden, auch irgendwie gegen das Coronavirus helfen. Das ist kein wissenschaftlicher Beleg für irgend etwas, kommt aber immerhin aus berufenem Mund.

Und als Letztes: Männer scheinen stärker betroffen als Frauen. Für mich keine gute Nachricht, für unseren Drei-Frauen-Haushalt schon.

Jedenfalls kommt heute Abend genau die richtige Ablenkung auf RAI2: die Trash-Show »Pechino Express«, bei der Trash-Prominente durch exotische Länder gescheucht werden und ohne einen Cent in der Tasche um Essen und einen Schlafplatz betteln müssen. Ein sehr lustiges Format! Und mein Shakespeare – der kommt schon auch noch irgendwann dran.

Mittwoch, 26. Februar, am Morgen

Unser Friaul ist nach wie vor virenfrei. Mal sehen, wie lange wir noch durchhalten.

In Triest haben einige Apothekenbetreiber den Preis für Atemschutzmasken vervierfacht – und müssen nun mit einer Anzeige rechnen.

Und der Verband der Hotelbetreiber meldet für die Region Friaul-Julisch Venetien einen Buchungsrückgang von fallweise 95 Prozent. Das ist schon sehr heftig.

Das erinnert mich daran, dass ich in den letzten Monaten immer wieder überlegt habe, neben dem Bücherschreiben ein kleines, schnuckliges B&B zu eröffnen. Mit Meerblick, einer kleinen Bibliothek, einem guten Frühstück und starkem W-Lan. Ich denke, diese Idee schiebe ich erst einmal nach hinten und setze mich wieder an den Schreibtisch.

26. Februar, am Nachmittag

Inzwischen ist eine Nudel der Star der italienischen Berichterstattung geworden. Es dreht sich um »Penne lisce«, also kurze Röhrennudeln mit glatter Oberfläche. Scherzkekse zeigen leere Supermarktregale – bloß die Penne lisce rührt keiner an. Kein echter Italiener würde Penne mit glatter Oberfläche anrühren, selbst nicht in Zeiten eines nationalen Notfalls.

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Nudeln, die Italiener selbst bei einem bevorstehenden Weltuntergang nicht kauft.
Quelle: Twitter. 

Wer in der Nudelologie wenig bewandert ist: Pasta mit glatter Oberfläche gilt als wenig sinnvoll, bleibt doch die Sauce nicht an ihr haften. Nur die raue Oberfläche, die durch eine spezielle Herstellungsweise erzielt wird, nämlich die Pressung durch ein Bronzesieb (»trafilatura al bronzo«), garantiert die perfekte Vermählung von Nudel und Sugo.

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Dies ist nicht die erfolgreichste Pasta des ansonsten tadellosen Nudelherstellers De Cecco.

Noch ein Zitat von Peter Medawar, dem britischen Nobelpreisträger (1915-1987): »Ein Virus ist eine schlechte Nachricht, verpackt in ein Protein.«

Donnerstag, 27. Februar, am Morgen

Das Friaul ist immer noch virenfrei – und offenbar gibt es zaghafte Schritte zurück in die Normalität. So sollen am Montag die Schulen und Universitäten wieder öffnen. Das trifft sich gut: Meine Tochter wird bis dahin ihren Millennium Falcon von Lego fertig gebastelt haben. Die Bauanleitung ist 350 Seiten lang – wie meine historischen Romane.

Derweil gibt es bereits drei Fälle in Kroatien.

Die Bars und Restaurants in Triest melden einen Umsatzrückgang von 40 Prozent.

Und im Radio hatten sie heute einen Italiener am Telefon, der in Shanghai lebt. Er berichtet begeistert von leergefegten Straßen und einer fast dörflichen Atmosphäre – und weil keiner mehr essen geht, hat er sich in den letzten drei Wochen daheim zu einem echten Spitzenkoch entwickelt und probiert immer gewagtere Rezepte aus. Das ist Krisenmanagement!

Derweil ist meine Frau nur mäßig begeistert von unserem neuen Küchenmobiliar:

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Platzsparend, stapelbar, nachhaltig, glücklich machend – wo ist das Problem?

27. Februar, am Abend

Fertig! Hier ist der Millenium Falcon. Ich spekuliere darauf, dass ich ihn mir bald auf den Schreibtisch stellen darf.

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Meine Tochter! Und Chewbacca! 

Und was macht das Virus? Immer noch keine Neuigkeiten für unsere Region – was gute Neuigkeiten sind. Das Friaul ist nach wie vor virenfrei.

Und was ich so mache? Das wurde ich in den letzten Tagen öfter gefragt, aber für mich ändert sich ja überhaupt nichts: Ich sitze nach wie vor an meinem Schreibtisch. Derzeit arbeite ich an einer neuen großen Familiensaga.

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Einzelheiten folgen.

Freitag, 28. Februar, am Morgen

Nach wie vor gibt es keinen einzigen Fall im Friaul. Ich erwähne das, weil ich immer wieder gefragt werde, ob man überhaupt noch nach Grado kommen kann.

Ein deutscher Virologe sagt, es wäre theoretisch sinnvoll, dass die ganze Welt einfach mal ein, zwei Wochen daheim bleibt. Das ist zwar so gut wie unmöglich, aber ich stelle es mir als interessantes soziologisches Experiment vor. Plötzlich verbringt man mal wirklich Zeit mit seinen Liebsten, statt sich nur kurz am Morgen und am Abend zu sehen. Die einzigen Fremd-Kontakte geschehen mit den Nachbarn über den Balkon oder am Gartenzaun. Wenn irgend etwas zu Bruch geht, muss man sich selbst helfen oder improvisieren. Es wird wieder mehr gelesen, und auch Brettspiele werden hervorgeholt. Wäre doch spannend!

29. Februar, am Morgen

Zahl der nachgewiesenen Infektionen im Friaul: null. Damit ist die Region sicherer als beispielsweise Nordrhein-Westfalen oder Hamburg. Ob es so bleibt, weiß ich natürlich nicht.

Klar, ich würde jetzt auch nicht gerade in der Lombardei Türklinken ablecken, aber das nur als Antwort auf die Frage, ob man sich um seine Reise nach Italien Sorge machen muss.

Und tatsächlich kehrt so etwas wie Normalität ein: Am Montag öffnen in der Region Friaul-Julisch Venetien nicht nur die Schulen wieder, sondern auch die Universitäten und Museen. Alle Beschränkungen für Großveranstaltungen sind aufgehoben. In Grado macht auch das Fitnessstudio wieder auf. Eine Ausrede weniger.

Und noch eine tolle Nachricht (also für mich): Vor gut zwei Jahren ging http://www.postausitalien.com an den Start, diese Woche habe ich eine magische Grenze überschritten:

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Ich danke euch allen!

Sonntag, 1. März, am Morgen

Fall Nummer eins in der Region Friaul-Julisch Venetien: In Gorizia hat es einen 50-Jährigen erwischt, der zuvor einen Verwandten in einem Krankenhaus in Treviso (Venetien) besucht hat.

Kein Grund zur Panik, finde ich. Ich schaue mir aber genau an, ob mein Vorrat an Wein und Schokolade wirklich für 14 Tage ausreicht, man weiß ja nie.

Jetzt ist vor allem die Frage, was das für ein 50-Jähriger war – ein mürrischer Einzelgänger oder jemand, der tagsüber als Clown auf Kindergeburtstagen auftrat und abends mit seinen Kumpels von Bar zu Bar zog?

Und soeben kommt die Meldung, dass es vier weitere Fälle gibt, drei in Udine und einen in Triest. Damit ist das Friaul jetzt also offiziell betroffen. Allen fünf Personen geht es gut, sie sind symptomfrei und in häuslicher Quarantäne.

Es wird alles gut.

Montag, 2. März

Eine solcherart geformte Deutschlandkarte habe ich wirklich lange nicht mehr gesehen.

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Nur das Saarland ist Spielverderber.

Kurzfristig bleiben die Schulen nun doch in dieser Woche geschlossen, ebenso die Universitäten. Das gab der Präsident der Region gestern Nachmittag bekannt. Der Hintergrund: Sechs der(inzwischen acht Corona-Fälle im Friaul haben sich offenbar bei einem Uni-Meeting in Udine angesteckt.

Kinos, Theater und Museen öffnen dagegen wieder. Die einzige Einschränkung gilt nach wie vor für Klassenfahrten, die vorläufig komplett ausgesetzt sind.

Dienstag, 3. März

Laut Il Piccolo gibt es nun 13 Infizierte im Friaul, was eine gute Nachricht sein soll, weil der Ausbruch langsamer verläuft, als mathematische Modelle es vorausgesehen haben. Die Vorsichtsmaßnahmen scheinen zu greifen.

Jedenfalls habe ich mir einige Strategien zurechtgelegt, um die nächsten Wochen gut zu nutzen:

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Hefte raus, Klassenarbeit!

Ich interessiere mich fürs Kochen und fürs Essen, und einige Rezepte bekomme ich auch leidlich hin. Aber das meiste ist für mich ein großes Rätsel. Deswegen will ich das jetzt von Grund auf angehen. Diese beiden Bücher werden in Deutschland zur Kochausbildung genutzt und werden von mir von nun an Seite für Seite durchgearbeitet.

Typisch Deutsch übrigens: Das erste echte Rezept steht auf Seite 250. Vorher geht es um Vorschriften, Etiketten, die richtige Bekleidung, Arbeitsschritte etc. Ein bisschen mehr passione, per favore!

Und wenn ich etwas überhaupt nicht kann, dann ist es das Malen. Das kommt als nächstes dran. Staffelei, Leinwand, Farbe und Pinsel stehen bereit!

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Das wird ein herrliches Gekleckere!

Und als kleiner Trost für alle Unbegabten lästerte schon Tom Wolfe: »Hätte ich so mies gemalt wie Picasso, hätte ich an seiner Stelle auch den Kubismus erfunden.«

Wenn ihr glaubt, Reisen sei heutzutage gefährlich: Giovanni di Verrazzano, der große Erkunder der amerikanischen Ostküste, starb, weil er mit Indianern auf der Insel Guadeloupe verhandeln wollte. Die Indianer töteten ihn und verspeisten ihn zum Abendessen – vor den entsetzten Augen der Besatzung. Das habe ich gerade hier gelesen:

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Abenteuerreisen im Ohrensessel.

Mittwoch, 4. März, am Morgen

Im Gegensatz zu vielen Nachrichten, die im Netz umherstreunern, sind die Golfplätze geöffnet. Und ich kann weiter versuchen, meinen zu flachen Schwung zu korrigieren – wie eigentlich immer in den letzten zwanzig Jahren.

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Schließt einfach die Augen und stellt euch vor, ich wäre Lee Trevino.

Und: Alkohol ist eben doch die Lösung! Unter dem Schlagwort #unitipervenezia haben sich die Cafés und Restaurants rund um den Markusplatz zusammengeschlossen und bieten eine einmalige Happy Hour an: Täglich von 17 bis 20 Uhr geht der zweite Aperitivo aufs Haus!

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Gute Aktion, finde ich.

Apropos Venedig: Nur noch sechs Wochen, Leute!

Venedig Krimi

Das wird eine ganz große Sache! Mehr dazu lest ihr hier.

Donnerstag, 5. März, am Morgen

Herrlich! An diesem Wochenende beginnt die neue Saison in Grado so richtig. Und auch meine Lieblingsrestaurants öffnen wieder. In Stralonga ist schon seit letzter Woche wieder aktiv, Laura e Christian öffnet an diesem Wochenende, und Eisweltmeister Antoniazzi ist auch endlich wieder am Eismachen.

Allerdings werden einige Hotels erst nach Ostern öffnen. Die Buchungsrückgänge in Grado und Lignano sind heftig.

Die Schulen bleiben in ganz Italien nun bis zum 15. März geschlossen. Laut einer Umfrage unter Schülern zwischen 6 und 18 Jahren findet diese Maßnahme eine Zustimmung von 100 Prozent.

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Und auf dem Golfplatz werden die neuen weißen (schwierigen) Abschläge gesteckt, um mich selbst zu hassen.

Unterdessen zwei Meldungen: Ein Minister der Regionalregierung hat sich angesteckt, und damit sind acht leitende Funktionäre des Friaul nun vorsichtshalber in häuslicher Quarantäne, was im politikverdrossenen Italien richtig gut ankommt.

Und am Brenner musste ein LKW anhalten, weil sich alle verfügbaren Fahrer weigerten, bis nach Gorizia zu fahren. Tja, diese brettharten Trucker, die wir aus Filmen (und neuerdings aus Dokumentationen) kennen und die weder Tod noch Teufel fürchten – es scheint sie nicht zu geben. Bizarr!

Samstag, 7. März

 

Es gab eine kleine Tagebuch-Pause, denn der Freitag war ziemlich trubelig. Zunächst musste ich meine 18.000 Schritte abarbeiten, um am Wochenende Ruhe vor meinem fiependen Armband zu haben.

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Traumwetter für einen Spaziergang am Meer.

Vor allem habe ich meinen Blogeintrag über alle Neuigkeiten in Grado aktualisiert. Hier geht es zum Artikel.

Denn hier geht das Leben weiter! (0 Fälle in Grado, 0 Fälle in der Umgebung.) In der gesamten Region Friaul-Julisch Venetien gibt es 32 Fälle.

Ich habe mit eigenen Hoteliers gesprochen: Ostern wird hart – normalerweise ist das schon der Saisonbeginn und ein wichtiges langes Wochenende. Auch wenn Prognosen in der heutigen Last-Minute-Zeit schwierig sind: Ein Rekordjahr wird es sicher nicht.

Die Schulen bleiben nun möglicherweise sogar den gesamten März geschlossen. Die Hausaufgaben werden virtuell verteilt – das funktioniert auch!

Noch eine betrübliche Nachricht: McDonald’s hat beschlossen, die Kindergeburtstage in seinen Räumlichkeiten auszusetzen. Ja, ich weiß – kaum zu verkraften.

Dennoch, Leute: Zähne zusammenbeißen, wir bekommen das hin! Ich will euch alle in Italien sehen.

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