Hier kommt der einzige Newsletter, der für euch die aktuelle Temperatur der Adria gemessen hat! Na, was schätzt ihr? (Auflösung ganz am Ende des Newsletters.)
Aus aktuellem Anlass: Alles, was ihr über die Virenlage bei uns wissen müsst, schreibe ich hier tagesaktuell zusammen – falls ihr euch etwa entschließt, in den nächsten Wochen zu kommen, denn Anfang Dezember machen viele Restaurants in Grado wieder auf, sofern die Inzidenzen mitspielen. Aber es sieht ganz gut aus.

Friauls Ministerpräsident Fedriga hat zudem angekündigt, dass alle eventuellen Einschränkungen in den kommenden Wochen nur Ungeimpfte treffen sollen.
Sonntag, 21. November
Zum aktuellen Spieltag bin ich auf folgende Statistik der großen europäischen Ligen gestoßen: Die Liga mit den meisten Toren ist – Überraschung – die italienische Serie A mit 3,06 Toren pro Spiel. Auf Platz zwei liegt die Bundesliga mit 3,02 Toren, in der Premier League sind es nur 2,75 Tore, in Spanien gar nur 2,43 Tore pro Spiel. Ja, in Italien wird nicht mehr gemauert wie früher. Und mit dem spanischen Spektakelfußball läuft es offenbar auch nicht mehr so.

Also, falls der neunmalkluge Onkel beim Weihnachtsessen noch vom italienischen Catenaccio brabbelt: Hier habt ihr den Gegenbeweis.
Montag, 22. November
Es geht wieder los mit unseren eigenen Oliven! Ist übrigens mehr Arbeit, als man denkt – einfach vom Baum pflücken und ins Glas packen funktioniert leider nicht. Nein, sie müssen wochenlang in Bottichen gewässert werden, dabei muss das Wasser auch noch täglich gewechselt werden. Die Gefäße müssen mit kochend heißem Wasser sterilisiert werden, dann kommt noch grobes Meersalz ins Spiel, danach wird vakuumiert, und die Oliven müssen mindestens zwei Monate im Glas bleiben – aber sie sind ganz köstlich, bitter und scharf, wie Oliven auch schmecken müssen.

Auch die Etiketten, entworfen von @fabian_kendzia, werden in liebevoller Handarbeit geklebt.

Nein, daraus wird kein Nebenverdienst, mehr als 50 Gläser gibt die Produktion nicht mehr. Aber zumindest für die nächsten zwölf Monate können wir zum Aperitivo unser eigenes Zeug reichen. Das ist schon ganz cool.
Dienstag, 23. November
Ausgerechnet Triest ist die Hauptstadt der italienischen No-Vax-Bewegung mit beinahe täglichen Demonstrationszügen geworden, was, wie die hiesige Tageszeitung Il Piccolo auf ihrer Titelseite beklagt, zu einer »Stornierungswelle« der österreichischen und deutschen Touristen geführt hat, die hier gern zur Vorweihnachtszeit zum Einkaufen kämen. Naja, bei dieser Meldung muss man wohl die italienische Lust auf Drama einpreisen, denn die großen Touristenmassen aus Österreich und Deutschland habe ich im Dezember in Triest noch nie gesehen.
Bei der heutigen Demonstration mit 2000 Teilnehmern wurden die No-Vaxxer aus den umliegenden Balkons ausgepfiffen und niedergebrüllt. Es ist also gut was los.
Mittwoch, 24. November
Hier kommt der versprochene Geschenkeguide. Natürlich geht es um Bücher. Alle reden von Achtsamkeit, Meditation und Entschleunigung, von digital detox und Entspannung. Das alles funktioniert mit Büchern ganz hervorragend!

Bücher – Klassiker
Gerade habe ich Thomas Manns Buddenbrooks erneut gelesen. Es ist das dritte Mal (einmal davon als Hörbuch), und jedes Mal bin ich noch ein Stück beeindruckter. Ja, ihr müsst euch ein bisschen drauf einlassen, das Buch kommt etwas schwer aus den Startlöchern. Aber dann geht es richtig ab – und zwar so sehr, dass Mitglieder der Familie Mann Anzeigen schalteten, in denen sie sich von den beschriebenen Figuren distanzierten. Ich empfehle die neue Geschenkausgabe aus dem S. Fischer Verlag mit der Titelillustration der Originalausgabe von 1903.

Noch ein Klassiker, den ich zu meinen Lieblingsbüchern zähle: Hermann Melvilles Moby Dick. Diese Erzählcollagen und langen Abhandlungen über Wale – das ist besser als der Discovery Channel. Außerdem habe ich in meiner Zivildienstzeit einen alten Mann betreut, der mir jedes Mal sein Fotoalbum zeigte, denn er war in den Fünfzigerjahren auf Walfängern unterwegs. Ihr müsst mir jetzt einfach glauben, wenn ich euch sage, weil ich die Fotos nicht beschreiben will: Egal, welchen miesen Job ihr habt – auf einem Walfänger der Fünfzigerjahre war es garantiert mieser. Stellt euch einfach kurz vor, wie es ist, in den Eingeweiden eines frisch erlegten, zwanzig Meter großen Säugetiers herumzuspazieren.
Bücher – aktuell (naja, so halbwegs)
Meine Schwäche für amerikanische Ratgeberbücher ist ja inzwischen bekannt. Ich gebe zu, ich habe sogar Ramit Sethis I Will Teach You To Be Rich gelesen! James Clears Atomic Habits (auf Deutsch viel prosaischer Die 1%-Methode) kann ich sehr empfehlen. Wer aufgefordert wird, jeden Tag fünf Kilometer zu joggen, wird es gleich lassen. Warum nicht lieber mit hundert Metern anfangen – oder mit einem Kilometer zügigem Gehen? Wer mehr Bücher lesen will, soll sich nicht gleich ein ganzes Buch pro Tag vornehmen, sondern fünf Seiten. Klingt alles winzig und lächerlich – ist aber eben viel besser als gar nichts. Okay, all das ist vielleicht ein bisschen Küchenpsychologie, aber ich fand es hilfreich.
Zurück zur Literatur: Kein Wunder, dass Philip Roths Portnoys Beschwerden beim Erscheinen 1969 einen Skandal verursacht hat. Es geht wirklich nur um das Eine, und selbst ich habe beim Lesen rote Ohren bekommen und mich immer wieder umgeschaut, ob meine Töchter mir nicht über die Schulter schauen. Und immerhin habe ich fünf Jahre beim Playboy gearbeitet.
Von Neurotiker zu Neurotiker: Woody Allens Autobiografie ist sehr amüsant. Ich habe ja im letzten Newsletter schon einen Absatz daraus zitiert.
Und im Sommer habe ich endlich mein allererstes Stephen-King-Buch gelesen, neugierig geworden durch sein Buch Das Leben und das Schreiben. In The Stand – Das letzte Gefecht sterben einfach mal 99,4 Prozent aller Menschen. Auf den ersten 200 Seiten werden mehr als 100 Personen vorgestellt, liebenswert und weniger liebenswert – und am Ende der 200 Seiten sind alle tot. Muss man sich erst mal trauen! Gut, dass das Buch 1800 Seiten hat und übrigens ein Meisterwerk der Herstellung ist: Ich habe das Taschenbuch zwei Monate am Strand gelesen, und der dünne Einband hat die vielen Seiten in Hitze, Salz und Feuchtigkeit vorbildlich zusammen gehalten. Als nächstes kommt Es dran. Hat nämlich nur 1600 Seiten.
Mehr Italien gefällig, im Guten wie im Schlechten? Elena Ferrantes Neapel-Bücher sind großartig: Die vier Bände (Buchdeutsch: Tetralogie oder Quadrologie), die mit »Meine geniale Freundin« beginnen, spielen im ärmlichen Neapel der 1950er-Jahre und reichen bis in die Jetztzeit. Wer sich hinter dem Pseudonym Elena Ferrante verbirgt, ist bis heute unklar. Sie (möglicherweise ist es auch ein er) sagt, dass ein fertiges Buch seines Autors nicht mehr bedürfe.
Mein Zeug
Und wenn ihr schon beim munteren Bestellen seid: Die meisten, die hier mitlesen, besitzen ja wahrscheinlich schon eines oder gar ein paar meiner Bücher. Aber sie eignen sich auch formidabel zum Weiterverschenken!

Hier nur drei Vorschläge:
- »Wir sind Papa«, falls irgendwo in der Familie oder im Freundeskreis Nachwuchs unterwegs oder gerade zur Welt gekommen ist. Ein Bestseller aus Versehen – Hintergründe zum Buch stehen hier. (Jetzt auch als Taschenbuch.)
- »Das Italien-Prinzip«, wenn der nächste Italien-Urlaub allzu fern ist. Hintergründe findet ihr hier.
- »Der Tote im Bach«, wenn es diesen Winter nichts mit dem Urlaub in den Bergen werden sollte. Alles übers Buch findet ihr hier.
Donnerstag, 25. November
Zwei meiner Schwächen kennt ihr ja: Die oben erwähnte Ratgeber- und Selbstoptimierungsliteratur – und mein Süßigkeitengeschmack, der auf dem Stand eines 12-Jährigen verharrt ist. Ich ziehe einen Riegel Kinderschokolade jedem noch so raffiniert komponierten Dessert vor. Jetzt endlich habe ich einen Verbündeten gefunden! Starkoch Yotam Ottolenghi sagt: »Es gibt keinen größeren Genuss als beim Kiosk um die Ecke einen Kaffee und dazu ein Kit-Kat. Aber nicht die dicken Kit-Kats, sondern die schmalen viergliedrigen.«
Ganz unter uns: Spitzenköche (und ich kenne einige von denen) finden, es gibt nichts Größeres, als sich am späten Abend nach der Schicht einen Döner mit Dosenbier reinzudrücken. Reden tut natürlich keiner drüber, würde ja ihrem Ruf schaden. Aber wenn du den ganzen Tag Schäumchen und Sphären anrührst, dann hast du wahrscheinlich Lust aufs deftige Gegenteil.
Freitag, 26. November
Nun hat es das Friaul doch noch erwischt: Ab Montag sind wir wieder Gelbe Zone. Es ändert sich fast nichts, alles bleibt offen, nur die Maske muss wieder häufiger getragen werden. Hier fasse ich alles zusammen.
Aber wir bleiben alle optimistisch, dass uns härtere Maßnahmen erspart bleiben. Was wären wir sonst für Italiener?
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Zitat der Woche
»Gibt es in Ihrer Familie Geisteskrankheiten?«
»Ich habe einen Onkel, der Yoga macht.« – Dwight von The Office beim Arzt.
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Die nächste »Mediterrane Wochenschau« erscheint wie immer am kommenden Freitag.
Ihr findet mich auf Facebook und auf Twitter (@stefanmaiwald). Beim Instagram-Account ist immer noch der Wurm drin, aber ich arbeite dran. Aber vielleicht ist das ja auch ein Zeichen, die Online-Präsenz etwas einzuschränken.
Ich wünsche euch allen eine wunderbare Woche!
Die Temperatur der Adria vor Grado beträgt derzeit 14 Grad.