Hier kommt der einzige Newsletter, der das erste Türchen seines Adventskalenders schon am 30. November geöffnet hat! Ich war einfach neugierig, was sich hinter dem »Kinder-Maxi-Kalender«-Türchen verbergen würde. Spoiler: ein kleiner Weihnachtsmann, natürlich im bewährten Kinderschokolade-Stil: außen Schokolade, innen »Milch«.
Wobei ich ja finde, dass wir es seit ein paar Jahren mit den Adventskalendern übertreiben. Die wahre Kindheitserinnerung sind doch diese kleinen Plättchen aus halbguter Schokolade und undeutlichen darauf geprägten Figuren – einem Stern, einer Kerze, einer Schneeflocke. Inzwischen gibt es Marvel- und Star Wars- und Parfüm- und Tee- und Lego- und Dinosaurier-Adventskalender.
Interessant: In Österreich spricht man von Adventkalender, ohne Fugen-S. Und obwohl ich in Sachen Sprache äußerst pingelig bin und mich über jeden – hoffentlich seltenen – Tippfehler in meiner »Mediterranen Wochenschau« zwei Tage lang gräme, sage ich in diesem Fall: Ach komm, ist mir beides recht.
Sonntag, 28. November
Ja sagt mal – schon wieder 50.000 Euro! Dieser Kiosk in Grado beim Minigolfplatz hat echt einen Lauf. Ein älterer Herr, Stammkunde, hat diesen Betrag am Wochenende mit einem Rubbellos gewonnen. Schon vor einigen Wochen hatte es dort Gewinne von ebenfalls 50.000 und sogar 100.000 Euro gegeben. Italiener sind große Rubbler: Vor einem Jahr habe ich hier mehr darüber geschrieben.

Falls ihr euch fragt, wie solche Gewinne ausgezahlt werden: Bis 500 Euro zahlt es der Kiosk aus der Kasse, bei höheren Beträgen wird es aufs Konto überwiesen. Denn der Staat – wer hätte das gedacht? – will mitkassieren und behält zehn Prozent Glücksspielsteuer ein.
Ich habe natürlich gleich zugeschlagen und dort, nachdem ich das Foto oben gemacht habe, drei Rubbellose der wunderbaren Lotterie »Tourist für immer« gekauft.

300.000 Euro Sofortgewinn, 6000 Euro jeden Monat für die nächsten zwanzig Jahre und zum Abschluss noch mal 100.000 Euro. Also, wenn man gewinnt. Ich werde berichten.
Montag, 29. November
Im Friaul gilt seit heute der »Super Green Pass«. Das bedeutet, dass nur Geimpfte und Genesene am öffentlichen Leben teilhaben dürfen; Hotels, Restaurants, Kino, Theater und sogar Geschäfte bleiben Ungeimpften versperrt. Ein Test reicht also nicht mehr. Hier erfahrt ihr alles zum Thema.
Dienstag, 30. November
Während alle von der Omikron-Bedrohung sprechen und wegen der Impfpflicht eine Spaltung der Gesellschaft befürchten, ist das Hauptthema in Grado der Glockenturm – und genau deswegen lebe ich ja so gern in einem kleinen Ort. Denn der Campanile stammt aus dem Jahr 1420 und ist in den letzten Jahren ziemlich baufällig geworden. Selbst das Glockengeläut kommt inzwischen vorsichtshalber vom Band, damit die Vibrationen keinen Schaden anrichten, und auch die Turmtreppe ist mehr als hundert Jahre alt und knirscht bedenklich.

Bald wird der Turm verhüllt und restauriert – macht beim nächsten Urlaub noch schnell schöne Fotos!
Mir fällt gerade was auf. Impfpflicht: wahrscheinlich das einzige Wort in der deutschen Sprache mit zwei aufeinanderfolgenden pf.
Nachtrag: Schlaue Leserinnen und Leser haben sich gemeldet: Es gibt noch die Topfpflanze und die Sumpfpflanze sowie zwei weitere obskure Wörter, bei denen ich mir aber nicht sicher bin, ob man die gelten lassen kann. Nächsten Freitag mehr!
Mittwoch, 1. Dezember
Endlich soll ein fast 2000 Jahre altes Rätsel gelöst werden: Garum oder Liquamen ist eine Zutat, die einst das Römische Reich verzückte und in zahlreichen Quellen erwähnt wird – etwa in Apicius’ Rezeptsammlung aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. (Mehr über Apicius, das größte Schlemmermaul der Geschichte, lest ihr übrigens hier – es lohnt sich!)
Bloß weiß heute keiner mehr, wie genau diese Zutat herzustellen ist.
Bekannt ist, dass es sich um »fermentierte« (gewissermaßen kontrolliert verfaulende) Fische handelt, die offenbar über Monate im Salz verrotten müssen, was eine sirupartige Sauce ergibt, die als herausragender Geschmacksverstärker gilt. Eine Art antikes Maggi also. Aber welche Fische genau? Und wie viel Salz?

Jetzt begeben sich Archäo-Gourmets (meine Worterfindung – aber es klingt wie ein cooler Job) auf die Suche. In Pompeji wurde sogar eine kleine Garum-Fabrik mitsamt sechs verschlossenen Amphoren gefunden. Nach Analysen von Lebensmittelchemikern scheint dem stark gesalzenen Fisch Dill, Koriander und Fenchel zugefügt worden zu sein. Experimentierfreudige spanische Köche haben daraus nun »Flor de Garum« gemacht und verkaufen die Sauce in schicken Gläsern, lassen aber den Fisch nur eine Woche fermentieren. Es wird vermutet, dass römische Garum-Fabriken, die im ganzen Reich freigelegt wurden (etwa in Britannien, Spanien und Nordafrika) den Fisch mehrere Monate reifen ließen. Und dass sich der Fisch von Gebiet zu Gebiet unterschied, dass die Römer also unter verschiedenen Garum-Arten wählen konnten.
Wichtig ist der Salzanteil: Zu viel Salz stoppt den Verwesungsprozess, zu wenig kann Botulismus auslösen, eine schwere Lebensmittelvergiftung. Ideal scheinen drei Teile Salz, ein Teil Fisch zu sein. Die englische Autorin Sally Grainger hat Garum mit Makrelen aus dem Ärmelkanal, Salz und Seegras herzustellen versucht. Die daraus entstehende Sauce beschrieb sie zurückhaltend als »seltsam – und nicht nach jedermanns Geschmack.«
Wer so etwas Ähnliches wie Garum probieren will: In Süditalien gibt es die Tradition der colatura, einer Flüssigkeit aus in Salz fermentierten Sardellen, die dem traditionellen Garum wohl recht nah kommt. Auch die vietnamesische Spezialität nuoc mam nhi, die es im Asia-Shop gibt, ist ein guter Garum-Ersatz; Mrs. Grainger empfiehlt den Hersteller Red Boat, bei dem auch Berlins Sternekoch Tim Raue einkauft. Ist wahrscheinlich besser für den Familienfrieden, als selbst in der Küche mit verwesendem Fisch zu experimentieren.
Donnerstag, 2. Dezember
Und wenn wir heute schon so kulinarisch unterwegs sind, vom Kinderriegel bis zum alten Fisch, dann hier noch ein Gericht, auf das wir uns alle einigen können. Denn die Frage, wie man Pizza vom Vortag am besten aufwärmt, lässt auch nach drei Wochen die Leserinnen und Leser nicht los. Nun erreichte mich auf Twitter folgende Mail von Sabine S.: »Ich muss unbedingt loswerden, dass man Pizza einzigartig und mit Knuspereffekt in der beschichteten Pfanne aufwärmt! Trocknet nicht aus und dank Beschichtung kann die Pizza gewendet werden, was für Schnelligkeit und Köstlichkeit sorgt. Eventuell in passende Stücke schneiden und unbedingt dabei bleiben, weil es recht schnell gehen kann. Die einzig wahre Methode, ich stelle sie gerne der Allgemeinheit zur Verfügung! Und ich bin der Meinung, dass es unbedingt OHNE Deckel geschehen muss, um einen Mikrowellen-Effekt zu vermeiden. Das Wenden nicht vergessen, so knuspert auch die Oberseite. Ich mag es so fast lieber als frisch.«
Freitag, 3. Dezember
Jetzt ist es offiziell: Der »Super Green Pass« gilt italienweit ab dem 6. Dezember. Wie im Friaul, wo er schon seit dem 29. November eingeführt ist, stehen nahezu alle Einrichtungen, von der Bar über die Boutique bis zur Osteria, nur noch Geimpften und Genesenen offen. Wie bereits geschrieben: Tagesaktuelle Einzelheiten zu dem ganzen Virenzeug stehen hier.
Zitat der Woche
»Disziplin ist die Wahl zwischen dem, was du am meisten willst und dem, was du jetzt willst.« – Abraham Lincoln. (Er hat es sicher erst nach der Weihnachtsgans gesagt.)
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Mein meistgelesener Blog-Beitrag? Er wird sogar in einigen italienischen Schulen im Deutschunterricht verwendet. Bitteschön.
Und mein meistverkauftes Buch? Nein, es nicht das »Italien-Prinzip«, jedenfalls noch nicht. Sondern dieses hier.
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Die nächste »Mediterrane Wochenschau« erscheint wie immer am kommenden Freitag.
Ihr findet mich auf Facebook und auf Twitter (@stefanmaiwald) – und hoffentlich bald auch wieder auf Instagram.
Ich wünsche euch allen eine wunderbare Woche!