Der Paukenschlag zu Weihnachten! Mediterrane Wochenschau LXXXII

Hier kommt der einzige Newsletter, der so langsam seinen Seelenfrieden mit Rosinen geschlossen hat. Sonst wird es auch schwierig mit dem traditionellen Weihnachts-Panettone.

Bevor es zum Paukenschlag kommt: Ich habe auf Instagram ein neues Projekt am Start, seid meine ersten Follower! (Ich folge natürlich sofort zurück, wir sind ja eine große famiglia.)

Ihr findet mich unter @buch_und_wein, und ihr ahnt schon, um was es da geht.

Für euch im Einsatz: Hier ist ein Sonnenuntergangsbild, um in Stimmung zu kommen.

Das Wichtigste vorab.

Paukenschlag! (Ich mag das Wort einfach – es klingt genau wie das, was es aussagen soll.) Am Dienstag beschloss die italienische Regierung, dass ein Test bei der Einreise nach Italien Pflicht ist – auch für Geimpfte und auch für EU-Bürger, sehr zum Ärger der EU-Kommissare. Ungeimpfte müssen sich zusätzlich in eine fünftägige Quarantäne begeben.

Die Regierungschefs von Friaul und Venetien, Massimiliano Fedriga und Luca Zaia, haben immerhin versichert, dass es über die Weihnachtsfeiertage unabhängig von den Infektionszahlen keine weiteren Einschränkungen geben wird, dass es also bei der »gelben« Corona-Warnfarbe bleibt. Und die ist ja, wie gesagt, recht harmlos, bis auf die lästige Maskenpflicht im Freien. Nicht beim Strandspaziergang oder beim Joggen, aber eben doch beim Einkaufsbummel.

Angeblich hat der italienische Tourismusminister, der mächtig sauer ist, von der neuen Verordnung auch erst durch die Medien erfahren. Aber was kann man schon machen gegen einen Gesundheitsminister, der Speranza (»Hoffnung«) heißt? 

Einzelheiten und ständige Aktualisierungen zur Reisesituation findet ihr wie immer hier.

Sonntag, 12. Dezember

Wie viele Wörter mit »pfpf« gibt es in der deutschen Sprache? Bisher sind wir bei Impfpflicht (das Wort, mit dem die Sammelleidenschaft begann), Topfpflanze, Sumpfpflanze und Dampfpfeife. Bei der Leser-Einreichung Dampfpfanne habe ich die Annahme verweigert, weil es keinen Wikipedia-Eintrag gibt; ich hätte mich aber durch einen Brockhaus-Eintrag (Print gewinnt!) umstimmen lassen. Christian R. aus Wien hat nun tatsächlich den Brockhaus hervorgeholt und schreibt Folgendes: Dampfpfanne gibt es nicht, aber Dampfpflug. Im Brockhaus, 19. Auflage, 1988, Band 5 »COT-DR«, S.107, den ich vor mir liegen habe, wird als Dampfpflug ein »von Lokomobilen gezogener Kipppflug seit 1850« bezeichnet. Dampfpfanne kommt in meinem Brockhaus nicht vor, nicht im Wörterbuch und auch nicht im Duden. Dafür habe ich ein anderes Wort gefunden: Die Triumphpforte gibt es wirklich, in Innsbruck. Zwar schreibt man Triumph nicht mit Pf zum Schluss, aber wenn man es ausspricht, stoßen doch zwei Pf zusammen. Und wie ich so weiter stöbere, finde ich noch eine Schlupfpforte, eine »niedrige Pforte bes. in Burg- und Stadtmauern«, so das Brockhaus-Wörterbuch.

Montag, 13. Dezember
Triest ist heute zur lebenswertesten Stadt Italiens gewählt worden! Von 107 Städten setzte sich die Hauptstadt Friauls an die Spitze. Platz 2 geht an Mailand, Platz 3 an Trento. (Tipps für Triest findet ihr hier.) Die Kriterien der Tageszeitung Il Sole 24 Ore hießen Durchschnittseinkommen, Arbeitslosenquote, Sicherheit, Altersschnitt sowie Kultur- & Freizeitangebote. Auch die übrigen Städte im Friaul kommen gut weg: Pordenone liegt auf Platz 7, Udine auf Platz 9, Gorizia auf Rang 23.

Und Venedig springt im Vergleich zum Vorjahr von Rang 33 auf Rang 16.

Die Zeitung Il Sole 24 Ore ist trotz ihres wohl nur in Italien möglichen und ziemlich unseriös klingenden Titels (etwa: »24 Stunden Sonnenschein«) eine respektierte Wirtschaftszeitschrift und ähnelt der Financial Times

Dienstag, 14. Dezember

Ui, was war denn da los? Einer meiner ältesten Artikel, tief in diesem Blog versteckt, wurde heute mehr als 100-mal angeklickt! Es ist der Text »Der erste Bestseller der Geschichte« über Marco Polo. Die wahrscheinlichste Erklärung: Da musste wohl eine Schulklasse eine Hausaufgabe über Marco Polo machen, einer hat diesen Artikel über Google gefunden und per WhatsApp geteilt. Oder per TikTok dazu getanzt.

Und noch erfreulicher: Die Kleine Zeitung hat ein Interview mit mir gemacht. Bitteschön.

Mittwoch, 15. Dezember

Was Grado derzeit aufwühlt, ist die Weihnachtsdekoration im Ort. Vor ein paar Wochen wurde ja ein neuer Bürgermeister gewählt, der eher rechts ist, und der alte Bürgermeister, der eher links ist, wurde in den letzten Jahren heftig für die vermeintlich spärliche Beschmückung des Ortes kritisiert – man kennt sie ja, diese gottlosen Kommunisten. Nun wollte sich der neue Bürgermeister nicht lumpen lassen und hat ordentlich aufgefahren, darunter bizarre mannshohe Pakete, die mitten in der Fußgängerzone stehen und tagsüber etwas schiach wirken (mein österreichisches Lieblingswort – hochdeutsch: schäbig), in der Dunkelheit aber munter funkeln. 

Ich kann es mir genau vorstellen, wie der neue Bürgermeister in der ersten Sitzung gesagt hat: »Leute, holt alles an Lichtern raus, was geht!«

Die Dekoration des Hafens ist hübsch geworden, aber die neue Krippe am Ortseingang – naja. In den letzten Jahren hat sich da ein überdimensionales Geschenk mit beleuchteten Schleifen emporgeworfen, nun sind es etwas lieblos wirkende Holzschnittfiguren (Foto folgt in der nächsten Wochenschau) – ein wunder Punkt der rechten Dekorationsbemühungen und Grund für viel Häme von Seiten der abgewählten Administration. 

Vertreter beider Lager fotografieren die Dekorationen je nachdem im günstigsten oder ungünstigsten Licht und stellen die Bilder auf Facebook. Ja, DAS sind die wahren Probleme, ihr Lieben! 

Außerdem hat die Tradition der presepi begonnen, jener Weihnachtskrippen, die im ganzen Ort verteilt stehen. Es sind über 200, und eine Sammelausstellung der schönsten Werke gibt es noch bis Mitte Januar im ehemaligen Cristallo-Kino. Kaum ein Geschäft lässt es sich nehmen, seine eigene Krippe aufzubauen, oft mit den für den Laden typischen Gegenständen. Eine Enoteca baut die Krippe aus Weinkorken nach, ein Strandclub aus Kronkorken.

Krippe, traditionell.
Krippe, kreativ.

Donnerstag, 16. Dezember

Weiter geht es mit dem italienischen Tisch-Aberglauben! In der letzten Wochenschau hatte ich ja geschildert, warum das Brot nie mit der runden Seite auf dem Tisch liegen sollte. Salz verschütten bringt Unglück, das wisst ihr wahrscheinlich. (Wenn es euch passiert: eine Prise des verschütteten Salzes über beide Schultern werfen.) Aber ihr dürft das Salz auch nicht von Hand zu Hand reichen, es muss vorher auf dem Tisch abgestellt werden. Mögliche Erklärung: Judas soll beim letzten Abendmahl Jesus das Salz per Hand weitergereicht haben, und wie das endete, wissen wir ja.

Auch Olivenöl darf nicht verschüttet werden, und wenn es doch geschieht, müsst ihr in der Pfütze mit dem Finger ein Kreuz machen. Wein hingegen darf ohne negative Konsequenzen umgekippt werden (nur, dass es den Gastgeber ärgern wird), und wer in die Pfütze tupft und sich mit der feuchten Fingerkuppe hinterm Ohr berührt, wird sich bald darauf verlieben!

Zitat der Woche

»Mit Leuten, die nichts trinken, stimmt was nicht.« – Heinz Strunk. 

Lasst es euch also schmecken und genießt die nächsten Tage!

So, ihr Lieben, ich habe gerade mal geschaut. Die nächste Wochenschau würde am 24. Dezember erscheinen, die darauffolgende am 31. Dezember. Das ist ja großer Quatsch, denn an jenen Tagen soll der Computer nun wirklich ausgeschaltet bleiben – es sei denn, man wartet gespannt vor dem Bildschirm drauf, ob Omi zu den Feiertagen endlich Facetime begriffen hat. Daher wünsche ich euch schon jetzt ein frohes Fest und ein großartiges neues Jahr! 370.000 Besuche, ich kann es kaum fassen. Es ist mir eine Ehre und Freude, für euch aus Italien und vom Schreibtisch berichten zu dürfen. 

Wenn ihr es bis dahin gar nicht aushaltet, schaut, wie gesagt, auf Instagram vorbei (@buch_und_wein), dort seht ihr auch, was im Hause Maiwald zu Weihnachten und Neujahr gelesen und getrunken wird.

Zur vorigen Wochenschau – sie ist und bleibt kostenlos und werbefrei – geht es hier entlang, und zurück zur Startseite geht es hier.

Die nächste »Mediterrane Wochenschau« erscheint am 7. Januar. Dann auch mit sehr guten Neuigkeiten zu den Koch-/Italienischkursen!

Ach kommt, hier noch mal schnell und stressfrei – heute bestellt, morgen unterm Weihnachtsbaum:

Ich wünsche euch wunderbare Feiertage!