Hier kommen die behaglichsten, inspirierendsten Rückzugsorte des Landes – zum Lesen, zum Schreiben, zum Grübeln, zu allen kreativen Tätigkeiten: Cafés, Restaurants, Hotelbars, Parks, Strände. Alle selbst beschlafen, ergessen und ausprobiert! Und für euch Influencer da draußen: Sämtliche Orte sind natürlich total instagrammable!
Vorab etwas ganz Allgemeines: Jede Strandliege, überall am Meer.
Sonnencreme. Haarspray. Nagellack. Das heiße Plastik der aufblasbaren Gummiboote und -delfine. Lauwarmes Bier. Chips. Salzwasser. Algen. Nasser Fels. Nasses Holz. Muscheln mit Resten drin, zum Beispiel Einsiedlerkrebsen. Nasse Badehose. Heißer Sonnenschirmstoff. Feuchte Handtücher. Möwenfedern. Zigarettenrauch. Zigarettenstummel. Ketchup. Wassereis. Alter Kaffee. Frischer Kaffee. Aufweichende Druckerschwärze der in der Sonne liegenden Zeitungen. Heißer Sand. Nasser Sand. Parfüm. Schlick. Lippenstift. Gischt. Wassereimer mit gefangenen Krebsen. Trocknende Kinderkescher. Schnellbräuner zum Aufsprühen. Piniennadeln. Windeln, leer und voll. Fahrradsattel. Shampoo. Pfeifenrauch des Österreichers von Kabine 62a. Erdbeerkaugummi. Pizzaachtel. Chlor vom angrenzenden Erlebnisbad. Mückenspray, biologisch (Zitrone). Rotwein. Kokosnuss (»Coco bello?«). Kartoffelchips.
Ein voller Adriastrand ist für mich, was für den Wiener die Kaffeehäuser sind. (Zum Thema Kaffeehäuser siehe unten.) Kann es etwas Inspirierenderes geben?
Passende Lektüre: Shakespeares Komödien.
Noch ist alles ruhig: Großartige Leseposition in Reihe neun.
Laurin Bar, Bozen, Südtirol
Exzellente Drinks unter Jugendstilfresken, im Winter vor dem großen, offenen Kamin, im Sommer im Park. Schlecht für uns Lesende: viel Live-Jazz, ab und zu sogar DJs. Gut für uns Lesende: Meistens hat man aber seine Ruhe, erst am Abend wird es lauter.
Passende Lektüre: Raymond Chandler – und dazu einen Gimlet.
1477 Reichhalter, Lana, Südtirol
Bed & Breakfast mit viel Retro-Charme, erst letzten Sommer eröffnet. Das Restaurant unten ist eine perfekte Mischung aus Dorfstube, ambitionierter Küche und herzlichem Service. Man kann schön lesen und gut essen und bekommt erstklassige Südtiroler Weine dazu, etwa Gewürztraminer oder Lagrein.
Passende Lektüre: die Russen.
Locanda Il Pilone, Piemont
Mitten im Trüffelgebiet: Romantisches Relais auf den Hügeln über Alba, umgeben von den Weinbergen, die zur Familie des Hotelbesitzers Achille Baroli gehören, der direkt neben dem Hotel große Barolos produziert. Die Inspiration kommt von der erhabenen Lage, der Stille, dem Duft der Weinfässer, dem geheimnisvollen Rascheln in den Reben.
Passende Lektüre: Peter Ackroyd.
Enoteca di Cormòns, Friaul
Treffpunkt direkt am Hauptplatz der italienischen Weißweinhauptstadt. Auch die Winzer kommen auf ein Glas vorbei. Flaschenverkauf aller Weine, die hier angebaut werden.
Passende Lektüre: Hemingways frühe Werke.
Caffè degli Specchi, Triest
Im Degli Specchi, im Tommaseo, im San Marco, im Pirona und im Stella Polare trafen sich Literaten wie Joyce, Svevo und Saba, aus der Generation der Lebenden trifft man Veit Heinichen (oft im Stella Polare) und Claudio Magris (wechselnde Präferenzen). Es ist unklar, wer zuerst das Bonmot geprägt hat, aber es erklärt perfekt, warum Künstler und Kaffeehäuser eine ideale Verbindung sind: »Im Kaffeehaus bist du unter Menschen, aber allein«. Alle Triestiner Kaffeehäuser haben jenes Flair, für das der Ausdruck Grandezza erfunden wurde: verschwenderische Pracht, Marmor, Gold, Lüster, elegante Kellner.
(Mehr Triest-Tipps und alles über den Kaffee lest ihr hier.)
Passende Lektüre: Thomas Mann.
Ich weiß auch nicht, warum ich ausgerechnet den Tee fotografiert habe.
Pedrocchi, Padua
Eines der bekanntesten Kaffeehäuser der Welt, seit 1831 nobler Treffpunkt der Stadt. Schon Stendhal ließ sich hier inspirieren. Man trifft sich nicht nur tagsüber zum Café, sondern gern auch abends zum Aperitivo.
Passende Lektüre: »Rot und Schwarz«.
Laura e Christian, Grado, Adriaküste
Eine Trattoria wie eine Filmkulisse, in einem verwinkelten Haus in der Altstadt der Fischerinsel gelegen. In den vielen Nischen macht das Lesen besonders viel Spaß.
Passende Lektüre: Umberto Eco.
Belmond Cipriani, Venedig
Hotelbars sind meistens eine ziemlich triste Angelegenheit. Doch in dem Luxushotel der Serenissima herrscht Walter Bolzonella über sein Reich. Er ist der berühmteste Barkeeper des Landes, mixt seit 35 Jahren seine Drinks dezent und die berühmten Gäste, darunter George Clooney, bitten ihn um ein Selfie. Fun fact: Er besitzt kein einziges Tattoo.
Passende Lektüre: Agatha Christie
Belmond Cipriani. Ohne Buch, aber gleich kommt ja auch das Boot.
Hotel Meandro, Gargnano, Gardasee
Sympathisches, preiswertes Hotel mit Traumblick. Siehe Foto. Außerdem ein unaufgeregtes und zugleich ambitioniertes Restaurant, ebenfalls mit Traumblick.
Passende Lektüre: Gabriele D’Annunzio.
Der Deutschen liebster See. Von schräg oben.
Parco Don Giussani, Pozzolengo
Pozzolengo ist ein unaufgeregter Ort mit hübschem Ortskern und einem kleinen, luftig gestalteten Park unterhalb des mittelalterlichen Ortskerns. Dort ist praktisch nie etwas los, von den Bänken blickt man auf die Weite. Mir gefällt es hier immer sehr gut. Passende Lektüre: Theodor Fontane
Agriturismo La Razza, Emilia-Romagna
Der süßliche Duft von zwölf Jahre im Fass gereiften Aceto Balsamico weht herüber. Der neu gebaute Pool lädt zum Sprung ein (noch fehlen die »Springen verboten«-Schilder), auf der Wiese wird mal Golf und mal Fußball-Golf gespielt. Der Tag wird bestimmt von der Vorfreude auf die abendlichen Köstlichkeiten in der Trattoria.
Passende Lektüre: Krimis von Wolf Haas.
Kleine Stärkung, nicht weit von den großen Uffizien.
Ditta Artigianale, Florenz
Neues Café nahe den Uffizien: Morgens eine gewaltige Auswahl an Kaffeesorten und Zeitungen, nachmittags und am Abend wird daraus eine Gin-Bar.
Passende Lektüre: Walter Isaacsons Leonardo-Biographie.
La Perla del Mare, toskanische Küste
Deborah Corsi hatte von ihren Schwiegereltern einen etwas heruntergekommenen Beachclub übernommen, an einem hübschen privaten Strandabschnitt in San Vincenzo mit Blick auf Capraia und Korsika. Jetzt ist daraus ein wunderbares Restaurant geworden. Vor der Terrasse toben Mädchen mit weiten Sommerkleidern lachend und barfuß durch die Dünung, passend zum Hauptgang wird der Sonnenuntergang serviert.
Passende Lektüre: Jane Austen.
Il Pellicano, Monte Argentario, toskanische Küste
Die zu Stein gewordene Definition des Dolce Vita. Seit den 1960er Jahren Hot-Spot der toskanischen Küste, einmaliger Blick von hoch oben aufs Tyrrhenische Meer, alle erdenklichen Annehmlichkeiten. Exzellente Weinauswahl im Restaurant; allein die Champagnerseiten haben mehr Einträge als das Telefonbuch einer Landgemeinde. Im Menü finden sich Raffinessen wie Risotto mit Krebsen und Emulsion von Passionsfrüchten, Spaghetti mit Seespinnen und Blumenkohl, Bottarga und Oliven.
Passende Lektüre: Redmond O’Hanlon.
Meine Terrasse im Pellicano.
Strandclub »La Perla«, Forte dei Marmi, toskanische Küste
Hier sind wir wieder bei den Strandliegen – aber dieses Mal am Tyrrhenischen Meer. In Forte dei Marmi liegt ein Beachclub neben dem anderen, aber mir gefällt der etwas nostalgische Charme vom La Perla, seit vielen Jahrzehnten von zwei Schwestern betrieben. In den großen Liegen wird man auch im Schatten auf sanfte Art durchgegart.
Passende Lektüre: Miguel de Cervantes.
ARoma, Rom
Direkt am Kolosseum liegt der Palazzo Manfredi, ein Hotel in einem 500 Jahre alten Repräsentationsbau. Giuseppe Di Iorio leitet das Restaurant auf der Dachterrasse des Palazzos. Die Küchenphilosophie? »Ich benutze den besten Fisch, das beste Fleisch, das beste Gemüse. Warum soll ich also die Geschmäcker maskieren? Warum zehn Gewürze, wenn eines reicht? Ich will, dass die materia prima – das Ausgangsprodukt – von allein glänzt.« Fantastischer, inspirierender Blick auf das Kolosseum.
Passende Lektüre: Robert Harris‘ Cicero-Trilogie.
Libro DiVino, Rom
Eva Iori betreibt die Bar LibroDiVino in der Via degli Zingari im Monti-Viertel. Eine kleine Auswahl von Gourmet-Büchern und -zeitschriften (Italienisch und Englisch), eine umso größere Auswahl an Wein und Häppchen.
Passende Lektüre: Eduardo Mendoza.
Gran Caffè Gambrinus, Neapel
Hier saßen schon Legenden wie Sartre, Hemingway, D’Annunzio und Caruso. Die Kellner sind stets besser gekleidet als die Gäste. Unbedingt probieren: Caffè gegè (mit Likör und Schlagsahne).
Passende Lektüre: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
Monastero Santa Rosa, Amalfiküste
Spektakuläre Lage über Amalfi, individuell eingerichtete Suiten, großes Spa in den alten Kellergewölben des ehemaligen Nonnenklosters, Infinity Pool im Terrassengarten, jeder erdenkliche Service, brillante Küche im »Il Refettorio« unter dem Deutschen Christoph Bob (hier mehr über ihn), der als bester Koch der Amalfiküste gilt.
Passende Lektüre: Theodor Fontane.
Wer mal kurz vom Buch aufschauen will: Infinity Pool, Amalfiküste, Christoph Bob.
Masseria Torre Coccaro, Apulien
Das romantischste Hotel Italiens. Die Londoner Times empfahl es als eines der zehn besten Beach Hotels des gesamten Mittelmeerraums, der Daily Telegraph nötigte seine Leser geradezu, dorthin zu fahren, Nudelhersteller Barilla dreht seine Werbespots hier. Kurzum: ein magischer Ort, mit eigenem Beach Club, Spa, Pool, Restaurant und vielen, vielen Leseecken unter jahrhundertealten Olivenbäumen.
Passende Lektüre: Bill Bryson.
Girone dei Golosi, Gallipoli, Apulien
Eiskalter Zauber: Die beste Granita jenseits von Sizilien gibt es im Girone dei Golosi in Gallipoli. Unbedingt probieren: die Sorten Mandel, Kaffee oder Zitrone mit Basilikum. Auf Trip Advisor zerrissen – ein Grund mehr für den Besuch.
Passende Lektüre: Tom Wolfe.
Laltrobaffo, Otranto, Apulien
Das Restaurant LaltroBaffo in einer hübschen Innenstadtgasse von Otranto ist das Reich von Cristina Conte. Ihre Erfindung Spaghetti »Carbonara« mit einer Emulsion aus Seeigeleiern hat sie landesweit berühmt gemacht.
Passende Lektüre: Herman Melville.
Guten Abend aus Apulien von der wunderbaren Cristina.
Renzelli, Cosenza, Kalabrien
Stilvollstes Café Cosenzas, das seit mehr als 200 Jahren die Einwohner mit Kaffee und süßen Kleinigkeiten versorgt. Unbedingt probieren: die legendären Zeppole mit einer Creme aus Sauerkirschen.
Passende Lektüre: David Sedaris.
Spinnato, Palermo, Sizilien
Café und birreria, die schon seit 1860 Getränke ausschenkt. Elegante Atmosphäre, bemerkenswerte Cocktails und großartiges Eis. Die Speisekarte ist in den letzten Jahren erweitert worden, so dass man hier auch gut essen kann, darunter hervorragende arancini.
Passende Lektüre: Dashiell Hammett.
Osteria dei Sapori Perduti, Modica, Sizilien
Im »Wirtshaus der verlorenen Geschmäcker« kocht Köchin Stefania so, wie man vor hundert Jahren gekocht hat. Die Osteria gleicht einem Museum, denn Stefania und ihr Mann Carmelo sammeln alte Küchenutensilien, außerdem haben sie eine liebevoll gestaltete Speisekarte zusammengestellt, die einem Rezeptbuch gleicht. Tipp: Quadrucci ccò bruòru e paddunèdda, kleine, würfelförmige Nudeln in Kalbsbrühe mit Hackfleischbällchen.
Passende Lektüre: Andrea Camilleri.
Mein Kamin
Egal, was ihr euch im Leben vornehmt: Mit knisterndem Kamin funktioniert alles viel besser. Versprochen!
Passende Lektüre: Alles, was nicht schnell genug im Regal ist.
Und hier ein Live-Bild von heute morgen (Manzoni, Grado). Ein ruhiger italienischer Feiertag und ein Kaffee im Kreis der Kleinfamilie.
Drei meiner Beiträge für die Leseecken dieser Welt. Mehr hier.
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